NEWSLETTER
32 – August 2009
KONTAKT: infos@gsiw.ch
Inhalt:
POLITIK & RELIGION GAZA SONDERTEIL VERANSTALTUNGEN
- SREBRENICA;
Burkavorstoß - update - Migrationskonferenz
- Imamenausbildung
in d. CH - Open Air in Bern; Scheich Hasan
ISLAM & MUSLIME in den MEDIEN IN EIGENER SACHE
- Marwa E. in EU;
SVP schaut genau hin; -
T. RAMADAN "Radikale Reform"
- Muslime in der CH
(Radio) - VIOZ
Elternverein
Sehr
geehrte GSIW Mitglieder, Leser & Abonnenten des GSIW Newsletters. Hier Nummer
32 unseres GSIW NLs, der Sie über die jüngsten Vorkommnisse informiert, an
welchen GSIW in der einen oder anderen Form Anteil nahm und noch nimmt. Gerne
nehmen wir Ihre Rückmeldungen, Anregungen Kritik entgegen. Auch Leserbriefe
und Kommentare veröffentlichen wir hier gerne, behalten uns aber allenfalls
Kürzungen und die grundsätzliche Entscheidung über eine Veröffentlichung vor.
Wenn Sie sich auf dem Gebiet: SCHWEIZ/ISLAM – MUSLIME/SCHWEIZER intensiver engagieren
wollen – beteiligen Sie sich doch im GSIW – FORUM oder werden gleich
aktives GSIW Mitglied. Warum nicht?
POLITIK & RELIGION
Warum gibt es – zumindest in der SCHWEIZ nicht Einstimmigkeit darüber,
dass der Jahrestag des Massakers von SREBRENICA
in ALLEN Moscheen als Trauergedenktag
begangen wird?
WTC in
aller Munde – SREBRENICA aus
dem Sinn in uns'rer Runde?
Rache –
ist NICHT nach uns'rem Sinn, zur Einsicht, zur Reue, zur Vergebung, zum Frieden
woll'n wir hin!
IMAMENAUSBILDUNG in der SCHWEIZ
Vor einigen Monaten berichteten
wir bereits im GSIW NL 12/08.
Am 21.7.09 wurde in Anwesenheit von ca. 30 Journalisten die Studie der Zürcher Uni zum Thema an einer Medienkonferenz in Bern
der Öffentlichkeit vorgestellt.
Unser Kommentar:
Eine kompetente Studie der Zürcher Uni, welche die korrekten Grundlagen
für eine in Gang (zu) kommende breite Diskussion des Themas in muslimischen,
wie auch den nichtmuslimischen Gesellschaften liefert.
Der erste Teil eines Gesamtprojektes, welches auch die Bedingungen anderer Religionsgesellschaften
untersucht.
Bemerkenswert – es gibt sowohl auf muslimischer, wie auch nicht
muslimischer Seite eine jedenfalls 2/3 Mehrheit, welche die Einführung
solch einer Ausbildung in der Schweiz begrüßt.
Ein weiteres Ergebnis: auch wenn die Muslime in der Schweiz eine heterogene
Gesellschaft bilden, verhindert dies
weder den internen Konsens, noch die Konsensbildung mit der Mehrheitsgesellschaft.
Erkannt wurde die - unserer Meinung nach – Selbstverständlichkeit, dass
Gegensätze nicht als einander ausschließende Ansätze auftreten müssen, sondern
als einander ergänzende und gleichberechtigte Formen weit förderlicher zu
wirken vermögen. Also: „nicht als Kontrahenten,
sondern als Partner.“
Klar ist, dass die Umsetzung solch eines curriculums politisch getragen
sein muss. Der
Bund hat bereits Harmonisierungstendenzen angezeigt und scheint nicht
abgeneigt, eine katalytische Rolle bei der Umsetzung dieses - wünschenswerterweise
– Kompetenz- und integrationsfördernden Projektes einzunehmen.
„Geboten sei die sinngemäße
und verhältnismäßige Übertragung christlicher Verhältnisse auf andere
Religionsgesellschaften.“
Also: GLÜCKWUNSCH zu dieser IMHO wirklich gelungenen Studie, die
auf ganz pragmatisch, wissenschaftliche Art ein gutes Abbild der sozialen
Wirklichkeit und deren Befindlichkeiten in der CH geliefert hat.
Sie wird - das merkt man schon - jedenfalls gegen ev. weitere Eskalationsbestrebungen
wirken, welche mehr darauf aus sind, Kräfte
gegeneinander zu richten, anstatt
diese FÜR ein Gemeinsames, nämlich das gesellschaftliche Wohlbefinden
zu koordinieren.
Nachtrag:
Was ist ein authentischer
ISLAM?
Wer bekommt die Definitionshoheit?
Protokoll des
Treffens der NGO vom 10. Juni 2009 mit der Eidgenössischen Kommission gegen
Rassismus und eine Präsentation von Herrn R. Tobler, VPOD / Friedensrat zu oben genannten Protokoll
und der Entwicklung in der Schweiz seit 1998 CERD-Vergleich.pdf.
CVP-Präsident Christoph Darbellay möchte in der Schweiz die Burka verbieten. Dafür will er in der
Herbstsession einen verbindlichen Vorstoss einreichen. (Siehe GSIW NL 31.)
SONDERTEIL GAZA
(bitte pop-up weg klicken und
gleich auf einen Beitrag klicken, dann verschwinden alle ev. unangenehmen Nebengeräusche).
Dokumentation wird ständig aktualisiert.
Gaza-Krieg
Soldaten brechen ihr Schweigen
Der einzige Ausweg
ist das Ende des Zionismus
VERANSTALTUNGEN
MIGRATIONSKONFERENZ
Zürcher Migrationskonferenz 2009
Religion & ihre räumliche Repräsentation
Freitag, 18. September 2009, Vormittag
Volkshaus, Stauffacherstr. 60, 8004 Zürich
Die Migrationskonferenz thematisiert die zunehmende Bedeutung
von nicht christlichen Religionsgemeinschaften in der heutigen Gesellschaft.
Sie diskutiert thematische Aspekte von neuen religiösen Bauten in Städten und Gemeinden
sowie die Bedeutung des Raumes als Dimension religiöser Repräsentation aus unterschiedlicher
Perspektive.
Kosten: Fr. 70.-- (inkl. Kaffee, Pausengetränke und
Stehlunch)
Openair auf dem
Bundesplatz - für eine Schweiz mit Herz am 30.7.09
Sohbet mit Naqshbandi Sheikh Hassan
Samstag, 8. August
2009
Friedrich
Rottrastrasse 49
79588 Efringen
Kirchen
Deutschland (etwa 11
Km bei Basel)
Infos: Nureddin Megharia
nmegharia@web.de
Tel.: 00 49 7628
95219 / 00 41 76 519 90 67
ISLAM in den MEDIEN
Marwa
E. in der EU.
Mord im Gerichtssaal:
Der Neue HASS. Die
Saat geht auf.
Die Frau war "islamistischer Abstammung"
– so der sächsische Polizeipräsident.
Ja, die Saat geht
auf!
Siehe meine 4 Jahre!
alte Schrift dazu:
ISLAM
- ISLAMISMUS - FUNDAMENTALISMUS - TERROR Eine Assoziationskette - fatal & ununterbrochen
HANEL, 7/2005
Interview mit Dr. Sabine SCHIFFER
„Was unseren Vätern war der Jud', ist für uns die
Moslembrut“ Zitat aus einem
Gastkommentar in der
Presse zum Mord an Marwa E., dem ersten
Mord aus Islamhass im deutschsprachigen Raum.
Hier wird der Ball
in Link TV
weitergetrieben.
Stellungnahme von VIOZ und GSIW zu diesem Verbrechen.
Der SVP Mann Lukas REIMANN will genau hinschauen.
In WIL wurde ein Grundstück für einen Moscheebau gekauft.
Wann beginnt die SVP
intensiv nachzudenken?
„Europa gibt uns keine Identität“
Bassam TIBI im TT-Interview über Europa &
den Islam. Der streitbare deutsche Politologe war auf Einladung des MCI in
Innsbruck.
Kommentar: Also als Soziologe
geht er durch, denn endlich sagt er mal, was Sache ist. Wird er nun doch noch
auch zum Euro-Islamist?
DRS Radio Interview vom 20.7.09
Medien Echo zur Imamausbildung:
Dank an Br. Fatih
für die Zusammenstellung
IN EIGENER SACHE
Rezension von Tariq RAMDADANs neuem
Buch: RADIKALE REFORM
Mit erprobtem Gespür hat
Diederichs Verlag erneut mit Tariq RAMADANs "Radikale Reform"
ein Werk veröffentlicht, welches den Ausweg aus der umfassenden Agonie muslimischer
Gemeinschaften im Bemühen nach zeitgemäßer Umsetzung islamischer Rechtsauffassung
aufzeigt.
Dieses Werk wird aber auch
dazu beitragen, die maßlose, respektlose Arroganz vieler, nur bipolar, auf
diabolische Weise denkender (nicht nur westlicher oder nicht muslimischer) Menschen
zu entlarven.
Ramadans Reform ist
tatsächlich zutiefst radikal, da sie fordert, die Quellen der Grundlagen islamischen
Rechts (Scharia) und der Jurisprudenz
(Fiqh) frisch zu überdenken,
ein neues Gleichgewicht zu schaffen und – den Autoritätsschwerpunkt innerhalb
des Islam zu verschieben.
Damit wird diese Reform auf
einigen, nicht zu knappen Widerstand aus dem Lager "Ewiggestriger" treffen – doch auch Galileo Galilei
musste solchen an eigenem Leibe verspüren – und heute haben seine einstigen
Gegner zutiefst zu bereuen.
Das Grundprinzip seiner
Reform muslimischen Verständnisses liegt darin, der Existenz des Göttlichen,
Seiner Ein- und Einzigkeit (Tauhid)
und Seiner Verständigung mit der menschlichen Welt durch zwei Bücher -
die Schrift und das Universum
– zu einem neuen, zeitgemäßen, aktuellen und weiterführenden Bezug zu verhelfen.
In dieser Erweiterung jener
Quellen, aus welchem islamisches Recht schöpft, liegt nicht eine treulose
Abkehr von den religiösen Traditionen. Nein, ganz im Gegenteil. Diese Ansicht,
dieser Weg (Scharia) ist im Qur'an
selbst deutlich angelegt. Ja, die ersten offenbarten Verse (Ayat)
selbst, weisen schon von Beginn der Offenbarung diesen einst begangenen, doch
längst vergessenen Weg.
"Radikale Reform" eine Pflichtlektüre
nicht nur für Muslime, welche ihren Heilsweg in einem entschlossenem Dschihad
sehen, die Tradition auf glaubenstreue Art zu hinterfragen, Sinn entleerte
Praktiken zu überdenken, Ziele neu zu definieren und die etablierte (geschützte)
Macht der Gelehrten sowie deren Autorität herauszufordern und der Gemeinschaft
(Ummah) tatkräftig und kundig neuen,
wahrhaftigen Lebensgeist einzuhauchen.
Tariq Ramadans Buch, seine
Ansätze erinnern an: "Sie tanzen an
des Vulkanes Rand – doch mindert dies des Tanzes Freude?"
Und jene, die meinen Tariq RAMADAN
wäre ein "Wolf im Schafspelz" seien gefragt:
Verwechselt ihr das nicht
mit: "Homo hominis lupus est"?
Kehren wir zurück, wie sich
das gehört, zum Beginn, dem Titel, dem Untertitel.
Intellektualität zeichnet sich aus durch Genauigkeit
und Prägnanz. Sie ziemt sich für den Schreiber, doch nicht minder
für den Leser, will er - natürlich auch sie - den rechten Nutzen aus der
Lektüre ziehen.
Nicht lautet der Titel, "Die
Botschaft eines modernen Islam für die heutige Gesellschaft" oder
dergleichen, nein!
Die BOTSCHAFT des ISLAM für
die moderne Gesellschaft - sie lautet IMMER gleich, denn sie steht und bleibt
unverändert verzeichnet im BUCH, Al-Furqan
und in den Büchern. Das Verständnis
allerdings, welches dieser Botschaft entgegengebracht wird, das ist durchaus
der Entwicklung und Veränderung anheim gegeben. Vor allem für eine
moderne Gesellschaft, einer sozusagen globalen Gesellschaft, die sich aus
vielen Gesellschaften entwickelt und sich mit diesem "Letzten Testament"
konfrontiert sieht.
Der ISLAM und die MUSLIME,
zum "Gott sei bei uns" (- paradoxerweise möchte man fast sagen,
"im wahren Sinn des Wortes", nicht dem "traditionellem
Sinne" nach -) für die moderne Gesellschaft geworden, sind KEINE
Bedrohung für westliche Demokratien. Doch "Demokraturen",
"Raubtiersysteme, kapitalistischer, kommunistischer, absolutistischer und
anderer -istischer Natur" - sie, ganz zu Recht fürchten sie
um ihren Fortbestand!
Und eines sei doch auch
gleich zu Anbeginn noch gesagt.
Tariq Ramadan ist KEIN Vertreter eines
"Euro-Islam" - solche zweifelhafte Ehr' belassen wir doch
unserem lieben Bassam Tibi - noch wünschte man, dass er zu einem solchen würde.
Tariq Ramadan ist europäischer Muslim! Das ist alles.
Der Allmächtige gab ihm
nicht nur gewaltiges Erbe, sondern auch die Gelegenheit in geistiger Ungezwungenheit
und Freiheit dieses Erbe zu hegen und zu pflegen und keiner
Herrschaft als Tribut und Fron zu überlassen.
ALL DAFÜR SEI GEDANKT!
Auch wenn man meinen mag, TR
plädiere für eine "Transformation des Islam", so widerspreche ich und meine:
Tariq Ramadan plädiert für
eine Transformation menschlichen Verständnisses bezüglich ewiger Wahrheiten!
Ich meine, TR maßt sich
weder an, den ISLAM - eine - der Schöpfung von Gott verliehene - Grundveranlagung
- zu verändern, noch fiele es ihm jemals ernsthaft ein, das Buch Gottes zu
verändern und ganze Passagen daraus außer Kraft setzen zu wollen, wie dies ja -
so hört man - nicht nur von sogenannt modernen Muslimen
("Euro-Muslimen"? ) gewünscht
wird.
Nein, TR nicht nur Kind
seines Stammes, son-
dern auch Kind dieser
Epoche, greift (sich) selbst-bewusst zurück auf seine Talente, Fähigkeiten,
Kenntnisse und Begabungen, um den Weg zum Ewigen - der IMMER ein neuer und
nicht endender Weg war, ist und bleiben wird - im stets heller werdenden Lichte
zeitlichen Denkens, welches aus der Flamme der Erfahrungen aus Vergangenheiten,
der Leiden, Verluste und Siege der individuellen, wie auch kollektiven
Geschichte dem Aufmerksamen erstrahlt, zu beschreiten.
DARIN liegt sein Verdienst -
das EWIGE, niedergelegt und nahegebracht in der Offenbarung Muhammads, des letzten
Propheten - widerhallend in jeder wahren Tradition - bekennend und gleichzeitig
erkennend, dass Gegenwärtiges gar nicht anders kann, als Abglanz dieses
Ewigen zu sein und deshalb
nicht in Widerspruch zu ihm steht, ja stehen kann, sondern in geziemende Form und Position gebracht werden will!
Dies ist sein Bemühen, seine große Anstrengung, T.Rs Verdienst.
Dies soweit noch zum
Klappentext.
Und last BUT NOT least, noch
etwas zum GEHALT:
Wisst IHR, was DSCHIHAD ist,
und wisst IHR, was WIR brauchen?
"Dschihad ist persönlicher
oder kollektiver Widerstand gegen die eigenen Instinkte oder gegen
die mögliche Aggression anderer Menschen und MUSS im Streben nach
FRIEDEN bestehen, und NIEMALS im Streben nach Spannung,
Konflikt oder Krieg.“ T.R.
Was WIR brauchen, ist
entschlossenes Engagement, einen dschihad,
um die Freiheit zu erlangen, die Tradition auf glaubenstreue Weise zu hinterfragen,
Praktiken zu überdenken und die etablierte (geschützte) Macht der Gelehrten
sowie deren Autorität herauszufordern."
Siehe auch die Kommentare zu den arabischen Fachbegriffen.
Um gemeinsam einen weiteren positiven Schritt der Integration der
Muslime in der Schweiz zu tun, schlägt die Schulkommission der VIOZ vor, die
Gründung eines muslimischen Elternvereines
ins Auge zu fassen.
Weitere Informationen und ein Formular
für die Mitgliedschaft finden Sie HIER.
Nachtrag zu unserem Artikel zur BURKA in letztem Newsletter (Islam in den Medien): Lieber
Burka tragen als ungebildet bleiben.
Junge Muslime schreiben für den
GSIW Newsletter
Junge engagierte Muslime,
tlw. angehende Akademiker, möchten den öffentlichen Diskurs in der
Schweiz mit ihren Beiträgen mit gestalten.
Es steht zu hoffen, dass
noch mehr Muslime diese Möglichkeit wahrnehmen und über unser Medium nicht
nur ihre Positionen zu aktuellen Themen aus muslimischer Sicht veröffentlichen,
sondern dadurch auch miteinander bekannt werden, um einen, sagen wir mal –
muslimischen PUBLIC "think
tank" zu formen beginnen, der seine Vorstellungen in öffentlichem
Gespräch zur Diskussion freigibt. ISA.
Der Artikel kann im GSIW Forum gelesen und von jedem diskutiert
werden.
Thema:
von: Brüder KITABI
Die
Unterdrückung der muslimischen Bevölkerung Chinas, der Uiguren, gibt uns aus
dreierlei Gründen Anlass, einen Kommentar zu verfassen. Der erste Grund ist,
dass den Muslimen auferlegt ist, gegen
Unrecht und Unterdrückung vorzugehen. Dabei spielt es keine Rolle gegen wen
dies gerichtet ist, denn „Allah liebt
nicht die Ungerechten“ (3:57) und ein Muslim ist aufgefordert das Rechte zu
gebieten und Unrecht zu verbieten (3:110). Was die Lage der Uiguren betrifft,
so ist es offenkundig, dass die Zentralregierung in China gewillt ist, dieses
Volk von seinen Wurzeln zu trennen, ihnen ihre Ideologie aufzuzwingen und sie
in ihren sozialen, politischen und religiösen Rechten zu beschneiden. Wie die Tibeter,
so sind auch die Uiguren starker Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. Im
Gegensatz zu Tibet aber, macht sich für Xinjiang (auch Ostturkestan genannt,
die Heimat der Uiguren) im Westen nicht so eine breite Front stark. Deshalb ist
das Schicksal der Uiguren in den westlichen Medien nicht besonders präsent, ausser
es kommt zu massiven Ausschreitungen oder extremen Vorgehen seitens der
kommunistischen Zentralregierung, wie die Ereignisse kürzlich zeigten. Zu ihren
Ungunsten ist auch, dass sie Muslime sind, sie deshalb bei Vielen nicht die
gleiche Sympathie geniessen, wie andere unterdrückte Minderheiten und dass man
heutzutage politische Gegner ohne grosse Kritik im Zuge des „war on terrorism“
offenbar eliminieren kann. Als vielleicht unbedeutende Einzelpersonen sind wir
machtlos gegen solch Tyrannei. Doch wie hat unser geliebter Prophet weise
gesagt? "Wer von euch etwas zu Verabscheuendes sieht, soll es mit seiner
Hand verändern, und wenn er dies nicht vermag, soll er es mit seiner Zunge
verändern, und wenn er (selbst) das nicht vermag, dann mit seinem Herzen, und
dies ist das Mindeste an Glauben."
Der zweite und
dritte Grund, über dieses Thema zu schreiben, ist die Reaktion der im Westen
lebenden Muslime darauf, bzw. das
Ausbleiben einer solchen, sowie die Notwendigkeit einer allgemeinen Reflexion
zeitgenössischer Reaktionen der Muslime auf empfundenes Unrecht. Es ist
auffällig und erstaunlich, dass die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel
in der muslimischen Gemeinschaft die stärksten Emotionen hervorruft. Ähnliche
Unterdrückung und Ungerechtigkeit jedoch findet sich auch in vielen anderen
Teilen der Welt, wie das jüngste Beispiel der Uiguren zeigt. Und oftmals sind sogar
Muslime selber die Übeltäter. Eine Liste der betroffenen Orte würde mehrere
Zeilen füllen. Als Muslim muss man sich fragen: wenn es uns auferlegt ist,
gegen Unrecht vorzugehen, warum bleiben denn in Bezug auf diese Vorkommnisse
die Proteste und die Demonstrationen aus? Vor allem, wenn man den aggressiven
Atheismus bedenkt, auf dem das „kommunistische“ China fundiert, kann Israel als
das kleinere Übel betrachtet werden. 60 Jahre lang hat sich die muslimische
Bevölkerung Chinas abgemüht, trotz ständiger Verfolgung ihren Glauben zu
erhalten, die Prinzipien und Bräuche des Islam zu bewahren. Während dieser
ganzen Zeit haben sie keine Unterstützung von
ihrer weltweiten Ummah
erhalten, deren Recht sich so zu nennen, von der Pflicht abhängt, jenen ihrer
Mitglieder zu helfen, die ihres Glaubens wegen verfolgt werden. Von vielen
nicht-muslimischen Medienschaffenden wird uns ebenfalls vorgeworfen, warum die
Proteste aus muslimischer Seite bei anderen Ungerechtigkeiten ausbleiben. Der
Vorwurf ist wohl gerechtfertigt, doch kann auch angeführt werden, dass die
meisten, welche ihn erheben (oft den Muslimen feindlich gesinnte), sich des
Gleichen schuldig machen. Trotzdem entbindet dies uns Muslime nicht von der
Rechenschaft, die wir auch in dieser Sache vor Gott, dem Allmächtigen, ablegen
müssen.
Weil
Massenkundgebungen in der aktuellen Situation ausbleiben, ist zu vermuten, dass
die Emotionen in diesem Falle nüchterner sind. Dies gibt uns eine gute
Gelegenheit, über eine andere grundlegende Frage nachzudenken. Wird durch
Massendemonstrationen und –kundgebungen der oben erwähnte Hadith richtig umgesetzt?
Anders formuliert: sind solche Proteste in ihrer aktuellen Form im islamischen
Geist bzw. können sie aus der islamischen Tradition abgeleitet werden? Sind sie
überhaupt sinnvoll und zielführend? Zeitgenössischen Muslimen scheint es
selbstverständlich, Demonstrationen und Massenkundgebungen für „die Sache der
Muslime“ einzusetzen. Fast täglich gehen Bilder von aufgebrachten, demonstrierenden
Muslimen um die Welt und die Zeitungen titeln mit „Muslim-„ oder
„Islam-Proteste“. Selbst das rituelle Gebet wird als Instrument des Protestes
uminterpretiert, wie der Protest der Muslime vor dem Bundeshaus in Bern als Reaktion
auf die Mohammed-Karikaturen zeigt.
Historisch
kann der Zeitpunkt des Aufkommens von Massenprotesten schwer festgehalten
werden, da diese meist aus sozialen Bewegungen entstanden und diese Bewegungen
(bzw. Elemente davon) eine lange Geschichte haben. Doch Massenkundgebungen in
ihrer heutigen Ausprägung sind ein Produkt des 19. und 20. Jahrhunderts: sie
sind aus Arbeiterbewegungen entstanden, von kommunis-tisch-sozialistischen
Bewegungen als politische Mittel etabliert und von zahlreichen revolutionären
Gruppen für ihre Ziele eingesetzt worden. Anhänger der unterschiedlichsten
ideologischen Systeme und politischen Interessen haben auf Demonstrationen und
Massenkundgebungen gesetzt: Proletarierbewegungen, Kommunisten, Faschisten,
Nationalisten, Jugendbewegung der 60er, Umweltaktivisten, Homosexuellen- sowie
Frauenbewegungen usw. Heutzutage zählt wahrscheinlich ausnahmslos jede „aktive“
Gruppe Massenproteste zu ihrem Repertoire. So verschieden diese Gruppen und
ihre Ziele auch sind, ihnen ist gemeinsam, dass es sich um Gruppen handelte,
die sich gegen eine etablierte Schicht oder Sicht auflehnten und vor allem –
und das ist für unsere Abhandlung hier wichtig – ging es immer nur um rein
weltliche Anliegen. Nun hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert die Massenkundgebung
ihren Weg auch in die islamische Welt gefunden und mit der „islamischen“
Revolution im Iran ein weltbekanntes Beispiel gesetzt.
Wir vermuten,
dass der Umstand, dass auch die Muslime diesen Weg des Protestierens gewählt haben,
unter anderem darin begründet sein könnte, dass sie glauben dieser wäre
erfolgreich. Doch weltlicher Erfolg ist ja nur ein Teil der Geschichte - das
Jenseits aber ist besser und jedenfalls länger während. Überdies muss man
bedenken, dass es in den allermeisten Fällen nicht die emotional aufgebrachten
Kundgebungen waren, welche einer bestimmten Gruppe die Durchsetzung ihrer
Anliegen und Interessen ermöglichte, sondern die kontinuierliche Arbeit im
Hintergrund und kluge Politik. Die Presse mag zwar den Fokus der Berichterstattung
auf die Proteste der Strasse legen, doch darf dies nicht darüber hinweg
täuschen, dass diese meistens nicht mehr als der letzte Tropfen waren, welche
das Fass zum Überlaufen brachten.
Ohne die
Anstrengung erfordernde - im Gegensatz
zum einfachen auf die Strasse gehen – und langwierige Arbeit vorher haben
solche Aktionen keine oder oft gar eine negative Wirkung. Das daran etwas
Wahres ist, erkennt man, wenn man einmal den Blick auf eine bestimmte, kleine
„Minderheitengruppe“ richtet - und vielleicht von ihr lernt -, welche ihre
Interessen und Anliegen weltweit am erfolgreichsten von all diesen Gruppen
durchsetzt. Von Massenkundgebungen und Demonstrationen dieser Gruppe hören wir
aber nie etwas.
Aus
islamischer Sicht sind sich solche Kundgebungen fragwürdig, weil sie meist
unüberlegte und hastige Aktionen sind, vor denen der Prophet gewarnt hat: „Hast
ist vom Teufel“. Die Handlungen sind meistens getrieben durch innere Aufwallung
anstatt Weisheit. Ausserdem wird ein Ziel umso weniger erreicht, je mehr
emotional aufgeregt jemand an der Sache beteiligt ist, bzw. beschwört solches
noch grösseres Übel herauf. Zu erwähnen ist auch die geballte Ladung Wut, Verbitterung,
gepaart mit Hass, die solchen Menschenmengen ihre Dynamik gibt. Diese gänzlich
persönlichen Gefühle kommen selbstverständlich von unserem nafs. Und wie sollen wir Muslime mit unserem nafs umgehen? Bändigen, zähmen, disziplinieren oder einfach ausleben,
heraus lassen (hemmungslos nach dem Motto „einmal so richtig die Sau
herauslassen“)? Wo ist hier die Anstrengung (Jihad al akbar), welche von einem Muslim gefordert wird? Gewiss
wird jede an solchen Aktionen beteiligte Person behaupten, ihre Entrüstung
bestehe aufgrund des geschehenen Unrechts, schlussendlich also um Allahs (s.t.)
Willen. Selbst wenn ihre Wut verständlich ist, müssen sich solche aufgebrachten
Leute fragen, ob sie tatsächlich um Allahs (s.t.) oder um ihres eigenen Willens
wegen handeln?
Selbsttäuschung
in Bezug auf seine wahren Motive ist eine menschliche Eigenschaft und fast unvermeidlich.
Und genau deshalb verlangt der Iman
(verinnerlichter Glaube) von uns eine mächtige Anstrengung (Jihad al akbar), unsere Motive und
Absichten zu reinigen. Das könnte zwar manchmal dazu führen, dass wir nicht
handeln, wenn es nötig wäre, doch wird es uns von vielen törichten oder gar boshaften
Handlungen bewahren. Wir sollten nie unser Selbstinteresse mit noblen, religiösen
Motiven überdecken. Ein anderes Mittel, welches uns unser Glaube für solche Situationen
gibt, ist Sabr (Geduld). Diese, im
Qur´an immer wiederkehrende islamische Tugend scheint für viele „zeitgemäße“
Muslime ein Fremdwort zu sein. Oben erwähnte Bilder aus der islamischen Welt
oder von im Westen lebender Muslime geben zum Nachdenken: ein tobender Mob,
zornige Gesichter, laut erhobene Stimmen, welche irgendwelche Slogans schreien,
ganz zu schweigen von brennenden Gegenständen. Man fragt sich dabei, ob solche
Szenen wirklich eine religiöse Manifestation sind bzw. islamische Frömmigkeit
darstellen? „Wut verbrennt gute Taten, wie Feuer trockenes Holz verbrennt“ hat
unser Prophet einmal gesagt. Ein Muslim ist sich immer vollkommen bewusst über
die Kürze dieses Lebens, über das Göttliche Urteil, dem niemand entgehen kann
und besonders bewusst der überwältigenden Präsenz Allahs (s.t.). Ob sich
solches Empfinden und Bewusstsein auch in diesen aufgeregten Menschenmengen
findet?*
Dieser Artikel
beabsichtigt nicht, Massendemonstrationen ihre Legitimität aus islamischer
Sicht abzuerkennen. Dafür ist einerseits unser religiöses Wissen zu gering und
andererseits haben wir für die Betrachtung und Reflexion dieser Frage zu wenig
Zeit aufgewendet, als dass wir abschliessend zu solch einem Urteil gelangen
könnten. Es ist gewiss auch kein Plädoyer für eine passive Haltung gegenüber
Ungerechtigkeiten in der Welt. Die Absicht war nur, einige Reflexionen anzustellen
und die muslimische Gemeinschaft anzuregen, nicht einfach blind irgendwelchen
modernen Phänomenen nachzueifern, sondern solche Fragen aus islamischer Perspektive
zu beleuchten, ihrer Sinnhaftigkeit zu hinterfragen und ihre Zulässigkeit zu
überprüfen.
Die Brüder Kitabi
Fragen und Anregungen an simsalabim66@hotmail.com
*Charles le Gai Eatons „Remembering God. Reflexions on
Islam“ gab für diesen Abschnitt einige
inspirierende Argumente
Die Diskussion über
den Artikel und dessen Inhalt ist im Forum
eröffnet.
Mit besten Grüssen M.HANEL – VP GSIW