NEWSLETTER 32 – August 2009      

GSIW – NEWSLETTER ARCHIV

GSIW - FORUM

GSIW - HP  

 

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Inhalt:

 

 

 

POLITIK & RELIGION                     GAZA SONDERTEIL                     VERANSTALTUNGEN

- SREBRENICA; Burkavorstoß               - update                                                                   - Migrationskonferenz

- Imamenausbildung in d. CH                                                                                                                                                                               - Open Air in Bern; Scheich Hasan

                                                                                                                                                                                                                                                                                       

ISLAM & MUSLIME in den MEDIEN               IN EIGENER SACHE                                                  

- Marwa E. in EU; SVP schaut genau hin;                                     - T. RAMADAN "Radikale Reform"    

- Muslime in der CH (Radio)                       - VIOZ Elternverein

                                                                                 - Brüder KITABI schreiben

                                                                     

 

Sehr geehrte GSIW Mitglieder, Leser & Abonnenten des GSIW Newsletters. Hier Nummer 32 un­se­res GSIW NLs, der Sie über die jüngsten Vorkommnisse informiert, an welchen GSIW in der einen oder anderen Form Anteil nahm und noch nimmt. Gerne nehmen wir Ihre Rück­mel­dun­gen, Anregungen Kritik entgegen. Auch Leser­briefe und Kommen­tare veröffentlichen wir hier gerne, be­hal­­­­ten uns aber allenfalls Kürzungen und die grund­sätz­liche Entscheidung über eine Veröffentlichung vor. Wenn Sie sich auf dem Gebiet: SCHWEIZ/ISLAM – MUSLIME/SCHWEIZER intensi­ver engagieren wol­len – beteiligen Sie sich doch im GSIW – FORUM oder werden gleich aktives GSIW Mitglied. Warum nicht?

 


 

POLITIK & RELIGION

 

Frage:

Warum gibt es – zumindest in der SCHWEIZ nicht Einstimmigkeit darüber, dass der Jahrestag des Massakers von SREBRENICA in ALLEN Moscheen als Trauergedenktag begangen wird?

WTC in aller Munde – SREBRENICA aus dem Sinn in uns'rer Runde?

Rache – ist NICHT nach uns'rem Sinn, zur Einsicht, zur Reue, zur Vergebung, zum Frieden woll'n wir hin!

 

IMAMENAUSBILDUNG in der SCHWEIZ

Vor einigen Monaten berichteten wir bereits im GSIW NL 12/08.

Am 21.7.09 wurde in Anwesenheit von ca. 30 Journalisten die Studie der Zürcher Uni zum Thema an einer Medienkonferenz in Bern der Öffentlichkeit vorgestellt.

Unser Kommentar:

Eine kompetente Studie der Zürcher Uni, welche die korrekten Grundlagen für eine in Gang (zu) kommende breite Diskussion des Themas in muslimischen, wie auch den nichtmuslimischen Gesellschaften liefert.
Der erste Teil eines Gesamtprojektes, welches auch die Bedingungen anderer Religionsgesellschaften untersucht.

Bemerkenswert – es gibt sowohl auf muslimischer, wie auch nicht muslimischer Seite eine jedenfalls 2/3 Mehrheit, welche die Einführung solch einer Ausbildung in der Schweiz begrüßt.

Ein weiteres Ergebnis: auch wenn die Muslime in der Schweiz eine heterogene Gesellschaft bilden, verhindert dies  weder den internen Konsens, noch die Konsensbildung mit der Mehrheitsgesellschaft.

Erkannt wurde die - unserer Meinung nach – Selbstverständlichkeit, dass Gegensätze nicht als einander ausschließende Ansätze auftreten müssen, sondern als einander ergänzende und gleichberechtigte Formen weit förderlicher zu wirken vermögen. Also: „nicht als Kontrahenten, sondern als Partner.“

Klar ist, dass die Umsetzung solch eines curriculums politisch getragen sein muss. Der

Bund hat bereits Harmonisierungstendenzen angezeigt und scheint nicht abgeneigt, eine katalytische Rolle bei der Umsetzung dieses - wünschenswerterweise – Kompetenz- und integrationsför­dern­den Projektes einzunehmen.

„Geboten sei die sinngemäße und verhältnismäßige Übertragung christlicher Verhältnisse auf andere Religionsgesellschaften.“

Also: GLÜCKWUNSCH zu dieser IMHO wirklich gelungenen Studie, die auf ganz pragmatisch, wissenschaftliche Art ein gutes Abbild der sozialen Wirklichkeit und deren Befindlichkeiten in der CH geliefert hat.
Sie wird - das merkt man schon - jedenfalls gegen ev. weitere Eskalationsbestrebungen wirken, welche mehr darauf aus sind, Kräfte
gegeneinander zu richten, anstatt diese FÜR ein Gemeinsames, nämlich das gesellschaftliche Wohlbefinden zu koordinieren.
 

 

Nachtrag:

Was ist ein authentischer ISLAM?

Wer bekommt die Definitionshoheit?

 

 

Protokoll des Treffens der NGO vom 10. Juni 2009 mit der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus  und eine Präsentation von Herrn R. Tobler, VPOD / Friedensrat zu oben genannten Protokoll und der Entwicklung in der Schweiz seit 1998 CERD-Vergleich.pdf.

CVP-Präsident Christoph Darbellay möchte in der Schweiz die Burka verbieten. Dafür will er in der Herbstsession einen verbindlichen Vorstoss einreichen. (Siehe GSIW NL 31.)

 

 

 

SONDERTEIL GAZA

 

Dokumentation im GSIW Forum

(bitte pop-up weg klicken und gleich auf einen Beitrag klicken, dann verschwinden alle ev. unangeneh­men Nebengeräusche).

Dokumentation wird ständig aktualisiert.

Gaza-Krieg
Soldaten brechen ihr Schweigen

Der einzige Ausweg ist das Ende des Zionismus

 

 

VERANSTALTUNGEN

 

MIGRATIONSKONFERENZ
Zürcher Migrationskonferenz 2009
Religion & ihre räumliche Repräsentation

Freitag, 18. September 2009, Vormittag
Volkshaus, Stauffacherstr. 60, 8004 Zürich
Die Migrationskonferenz thematisiert die zunehmende Bedeutung von nicht christlichen Religionsgemeinschaften in der heutigen Gesellschaft. Sie diskutiert thematische Aspekte von neuen religiösen Bauten in Städten und Gemeinden sowie die Bedeutung des Raumes als Dimension religiöser Repräsentation aus unterschiedlicher Perspektive.
Kosten: Fr. 70.-- (inkl. Kaffee, Pausengetränke und Stehlunch)

 

Openair auf dem Bundesplatz - für eine Schweiz mit Herz am 30.7.09

 

Sohbet mit Naqshbandi Sheikh Hassan

www.hassandyck.com

Samstag, 8. August 2009

Friedrich Rottrastrasse 49

79588 Efringen Kirchen

Deutschland (etwa 11 Km bei Basel)

Infos: Nureddin Megharia

nmegharia@web.de

Tel.: 00 49 7628 95219 / 00 41 76 519 90 67

 

 

ISLAM in den MEDIEN

 

Marwa E. in der EU. Mord im Gerichtssaal:

Der Neue HASS. Die Saat geht auf.

Die Frau war "islamistischer Abstammung" – so der sächsische Polizeipräsident.

Ja, die Saat geht auf!

Siehe meine 4 Jahre! alte Schrift dazu:

ISLAM - ISLAMISMUS - FUNDAMENTALISMUS - TERROR Eine Assoziationskette - fatal & ununterbrochen HANEL, 7/2005

Interview mit Dr. Sabine SCHIFFER

 

„Was unseren Vätern war der Jud', ist für uns die Moslembrut“ Zitat aus einem

Gastkommentar in der Presse zum Mord an Marwa E., dem ersten Mord aus Islamhass im deutschsprachigen Raum.

Hier wird der Ball in Link TV weitergetrieben.

 

Stellungnahme von VIOZ und GSIW zu diesem Verbrechen.

 

Der SVP Mann Lukas REIMANN will genau hinschauen. In WIL wurde ein Grundstück für einen Moscheebau gekauft.

 

Wann beginnt die SVP intensiv nachzudenken?

 

„Europa gibt uns keine Identität“

Bassam TIBI im TT-Interview über Europa & den Islam. Der streitbare deutsche Politologe war auf Einladung des MCI in Innsbruck.

Kommentar: Also als Soziologe geht er durch, denn endlich sagt er mal, was Sache ist. Wird er nun doch noch auch zum Euro-Islamist?

 

Muslime in der Schweiz

DRS Radio Interview vom 20.7.09

 

Medien Echo zur Imamausbildung:

BAZ   20 Minuten

TAZ    Blick          Swissinfo

NZZ   Tagblatt 1             Tagblatt 2

Radio        Tagesschau         Jesus.ch

Dank an Br. Fatih für die Zusammenstellung

 

IN EIGENER SACHE

 

Rezension von Tariq RAMDADANs neuem Buch: RADIKALE REFORM

Mit erprobtem Gespür hat Diederichs Verlag erneut mit Tariq RAMADANs "Radikale Reform" ein Werk veröffentlicht, welches den Ausweg aus der umfassenden Agonie muslimischer Gemeinschaften im Bemühen nach zeitgemäßer Umsetzung islamischer Rechtsauffassung aufzeigt.

Dieses Werk wird aber auch dazu beitragen, die maßlose, respektlose Arroganz vieler, nur bipolar, auf diabolische Weise denkender (nicht nur westlicher oder nicht muslimischer) Menschen zu entlarven.

Ramadans Reform ist tatsächlich zutiefst radikal, da sie fordert, die Quellen der Grundlagen islamischen Rechts (Scharia) und der Jurisprudenz (Fiqh) frisch zu überdenken, ein neues Gleichgewicht zu schaffen und – den Autoritätsschwerpunkt innerhalb des Islam zu verschieben.

Damit wird diese Reform auf einigen, nicht zu knappen Widerstand aus dem Lager "Ewiggestriger" treffen – doch auch Galileo Galilei musste solchen an eigenem Leibe verspüren – und heute haben seine einstigen Gegner zutiefst zu bereuen.

Das Grundprinzip seiner Reform muslimischen Verständnisses liegt darin, der Existenz des Göttlichen, Seiner Ein- und Einzigkeit (Tauhid) und Seiner Verständigung mit der menschlichen Welt durch zwei Bücher - die Schrift und das Universum – zu einem neuen, zeitgemäßen, aktuellen und weiterführenden Bezug zu verhelfen.

In dieser Erweiterung jener Quellen, aus welchem islamisches Recht schöpft, liegt nicht eine treulose Abkehr von den religiösen Traditionen. Nein, ganz im Gegenteil. Diese Ansicht, dieser Weg (Scharia) ist im Qur'an selbst deutlich angelegt. Ja, die ersten offenbarten Verse (Ayat) selbst, weisen schon von Beginn der Offenbarung diesen einst begangenen, doch längst vergessenen Weg.

 

"Radikale Reform" eine Pflichtlektüre nicht nur für Muslime, welche ihren Heilsweg in einem entschlossenem Dschihad sehen, die Tradition auf glaubenstreue Art zu hinterfragen, Sinn entleerte Praktiken zu überdenken, Ziele neu zu definieren und die etablierte (geschützte) Macht der Gelehrten sowie deren Autorität herauszufordern und der Gemeinschaft (Ummah) tatkräftig und kundig neuen, wahrhaftigen Lebensgeist einzuhauchen.

Tariq Ramadans Buch, seine Ansätze erinnern an: "Sie tanzen an des Vulkanes Rand – doch mindert dies des Tanzes Freude?"

Und jene, die meinen Tariq RAMADAN wäre ein "Wolf im Schafspelz" seien gefragt:

Verwechselt ihr das nicht mit: "Homo hominis lupus est"?

 

Kehren wir zurück, wie sich das gehört, zum Beginn, dem Titel, dem Untertitel.

Intellektualität zeichnet sich aus durch Genauigkeit und Prägnanz. Sie ziemt sich für den Schreiber, doch nicht minder für den Leser, will er - natürlich auch sie - den rechten Nutzen aus der Lektüre ziehen.

Nicht lautet der Titel, "Die Botschaft eines modernen Islam für die heutige Gesellschaft" oder dergleichen, nein!

Die BOTSCHAFT des ISLAM für die moderne Gesellschaft - sie lautet IMMER gleich, denn sie steht und bleibt unverändert verzeichnet im BUCH, Al-Furqan und in den Büchern. Das Verständnis allerdings, welches dieser Botschaft entgegengebracht wird, das ist durchaus der Entwicklung und Veränderung anheim gegeben. Vor allem für eine moderne Gesellschaft, einer sozusagen globalen Gesellschaft, die sich aus vielen Gesellschaften entwickelt und sich mit diesem "Letzten Testament" konfrontiert sieht.

Der ISLAM und die MUSLIME, zum "Gott sei bei uns" (- paradoxerweise möchte man fast sagen, "im wahren Sinn des Wortes", nicht dem "traditionellem Sinne" nach -) für die moderne Gesellschaft geworden, sind KEINE Bedrohung für westliche Demokratien. Doch "Demokraturen", "Raubtiersysteme, kapitalistischer, kommunistischer, absolutistischer und anderer -istischer Natur" - sie, ganz zu Recht fürchten sie um ihren Fortbestand!

Und eines sei doch auch gleich zu Anbeginn noch gesagt.

Tariq Ramadan ist KEIN Vertreter eines "Euro-Islam" - solche zweifelhafte Ehr' belassen wir doch unserem lieben Bassam Tibi - noch wünschte man, dass er zu einem solchen würde.

Tariq Ramadan ist europäischer Muslim! Das ist alles.

 

Der Allmächtige gab ihm nicht nur gewaltiges Erbe, sondern auch die Gelegenheit in geistiger Ungezwungenheit und Freiheit dieses Erbe zu hegen und zu pflegen und keiner

Herrschaft als Tribut und Fron zu überlassen.

ALL DAFÜR SEI GEDANKT!

 

Auch wenn man meinen mag, TR plädiere für eine "Transformation des Islam", so widerspreche ich und meine:

Tariq Ramadan plädiert für eine Transformation menschlichen Verständnisses bezüglich ewiger Wahrheiten!

 

Ich meine, TR maßt sich weder an, den ISLAM - eine - der Schöpfung von Gott verliehene - Grundveranlagung - zu verändern, noch fiele es ihm jemals ernsthaft ein, das Buch Gottes zu verändern und ganze Passagen daraus außer Kraft setzen zu wollen, wie dies ja - so hört man - nicht nur von sogenannt modernen Muslimen ("Euro-Muslimen"?  ) gewünscht wird.

 

Nein, TR nicht nur Kind seines Stammes, son-

dern auch Kind dieser Epoche, greift (sich) selbst-bewusst zurück auf seine Talente, Fähigkeiten, Kenntnisse und Begabungen, um den Weg zum Ewigen - der IMMER ein neuer und nicht endender Weg war, ist und bleiben wird - im stets heller werdenden Lichte zeitlichen Denkens, welches aus der Flamme der Erfahrungen aus Vergangenheiten, der Leiden, Verluste und Siege der individuellen, wie auch kollektiven Geschichte dem Aufmerksamen erstrahlt, zu beschreiten.

 

DARIN liegt sein Verdienst - das EWIGE, niedergelegt und nahegebracht in der Offenbarung Muhammads, des letzten Propheten - widerhallend in jeder wahren Tradition - bekennend und gleichzeitig erkennend, dass Gegenwärtiges gar nicht anders kann, als Abglanz dieses Ewigen zu sein und deshalb nicht in Widerspruch zu ihm steht, ja stehen kann, sondern in geziemende Form und Position gebracht werden will! Dies ist sein Bemühen, seine große Anstrengung, T.Rs Verdienst.

 

Dies soweit noch zum Klappentext.

 

Und last BUT NOT least, noch etwas zum GEHALT:

Wisst IHR, was DSCHIHAD ist,

und wisst IHR, was WIR brauchen?

 

"Dschihad ist persönlicher oder kollektiver Widerstand gegen die eigenen Instinkte oder gegen die mögliche Aggression anderer Menschen und MUSS im Streben nach FRIEDEN bestehen, und NIEMALS im Streben nach Spannung, Konflikt oder Krieg.“ T.R.

 

Was WIR brauchen, ist entschlossenes Engagement, einen dschihad, um die Freiheit zu erlangen, die Tradition auf glaubenstreue Weise zu hinterfragen, Praktiken zu überdenken und die etablierte (geschützte) Macht der Gelehrten sowie deren Autorität herauszufordern."

Siehe auch die Kommentare zu den arabischen Fachbegriffen.

 

 

VIOZ – Elternverein

Um gemeinsam einen weiteren positiven Schritt der Integration der Muslime in der Schweiz zu tun, schlägt die Schulkommission der VIOZ vor, die Gründung eines muslimischen Elternvereines ins Auge zu fassen.

Weitere Informationen und ein Formular für die Mitgliedschaft finden Sie HIER.

 

 

Nachtrag zu unserem Artikel zur BURKA in letztem Newsletter (Islam in den Medien): Lieber Burka tragen als ungebildet bleiben.

 

 

 

Junge Muslime schreiben für den GSIW Newsletter

 

Junge engagierte Muslime, tlw. angehende Aka­­demiker, möchten den öffentlichen Diskurs in der Schweiz mit ihren Beiträgen mit­­ gestalten.

Es steht zu hoffen, dass noch mehr Muslime diese Möglichkeit wahr­­­­neh­men und über unser Medium nicht nur ihre Positionen zu aktu­­­­ellen Themen aus mus­li­mi­scher Sicht ver­öffent­lichen, sondern dadurch auch mitein­an­der bekannt werden, um einen, sagen wir mal – muslimi­schen PUBLIC "think tank" zu formen begin­nen, der seine Vorstel­lungen in öffentlich­em Gespräch zur Diskussion freigibt. ISA.

Der Artikel kann im GSIW Forum gelesen und von jedem diskutiert werden.

 

 

Thema:

Die Unterdrückung der Uiguren und die Reaktion der im Westen lebenden Muslime auf empfundenes Unrecht

von: Brüder KITABI

 

Die Unterdrückung der muslimischen Bevölkerung Chinas, der Uiguren, gibt uns aus dreierlei Gründen Anlass, einen Kommentar zu verfassen. Der erste Grund ist, dass den Muslimen  auferlegt ist, gegen Unrecht und Unterdrückung vorzugehen. Dabei spielt es keine Rolle gegen wen dies gerichtet ist, denn „Allah liebt nicht die Ungerechten“ (3:57) und ein Muslim ist aufgefordert das Rechte zu gebieten und Unrecht zu verbieten (3:110). Was die Lage der Uiguren betrifft, so ist es offenkundig, dass die Zentralregierung in China gewillt ist, dieses Volk von seinen Wurzeln zu trennen, ihnen ihre Ideologie aufzuzwingen und sie in ihren sozialen, politischen und religiösen Rechten zu beschneiden. Wie die Tibeter, so sind auch die Uiguren starker Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. Im Gegensatz zu Tibet aber, macht sich für Xinjiang (auch Ostturkestan genannt, die Heimat der Uiguren) im Westen nicht so eine breite Front stark. Deshalb ist das Schicksal der Uiguren in den westlichen Medien nicht besonders präsent, ausser es kommt zu massiven Ausschreitungen oder extremen Vorgehen seitens der kommunistischen Zentralregierung, wie die Ereignisse kürzlich zeigten. Zu ihren Ungunsten ist auch, dass sie Muslime sind, sie deshalb bei Vielen nicht die gleiche Sympathie geniessen, wie andere unterdrückte Minderheiten und dass man heutzutage politische Gegner ohne grosse Kritik im Zuge des „war on terrorism“ offenbar eliminieren kann. Als vielleicht unbedeutende Einzelpersonen sind wir machtlos gegen solch Tyrannei. Doch wie hat unser geliebter Prophet weise gesagt? "Wer von euch etwas zu Verabscheuendes sieht, soll es mit seiner Hand verändern, und wenn er dies nicht vermag, soll er es mit seiner Zunge verändern, und wenn er (selbst) das nicht vermag, dann mit seinem Herzen, und dies ist das Mindeste an Glauben."

 

Der zweite und dritte Grund, über dieses Thema zu schreiben, ist die Reaktion der im Westen lebenden Muslime darauf,  bzw. das Ausbleiben einer solchen, sowie die Notwendigkeit einer allgemeinen Reflexion zeitgenössischer Reaktionen der Muslime auf empfundenes Unrecht. Es ist auffällig und erstaunlich, dass die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel in der muslimischen Gemeinschaft die stärksten Emotionen hervorruft. Ähnliche Unterdrückung und Ungerechtigkeit jedoch findet sich auch in vielen anderen Teilen der Welt, wie das jüngste Beispiel der Uiguren zeigt. Und oftmals sind sogar Muslime selber die Übeltäter. Eine Liste der betroffenen Orte würde mehrere Zeilen füllen. Als Muslim muss man sich fragen: wenn es uns auferlegt ist, gegen Unrecht vorzugehen, warum bleiben denn in Bezug auf diese Vorkommnisse die Proteste und die Demonstrationen aus? Vor allem, wenn man den aggressiven Atheismus bedenkt, auf dem das „kommunistische“ China fundiert, kann Israel als das kleinere Übel betrachtet werden. 60 Jahre lang hat sich die muslimische Bevölkerung Chinas abgemüht, trotz ständiger Verfolgung ihren Glauben zu erhalten, die Prinzipien und Bräuche des Islam zu bewahren. Während dieser ganzen Zeit haben sie keine Unterstützung von  ihrer weltweiten Ummah erhalten, deren Recht sich so zu nennen, von der Pflicht abhängt, jenen ihrer Mitglieder zu helfen, die ihres Glaubens wegen verfolgt werden. Von vielen nicht-muslimischen Medienschaffenden wird uns ebenfalls vorgeworfen, warum die Proteste aus muslimischer Seite bei anderen Ungerechtigkeiten ausbleiben. Der Vorwurf ist wohl gerechtfertigt, doch kann auch angeführt werden, dass die meisten, welche ihn erheben (oft den Muslimen feindlich gesinnte), sich des Gleichen schuldig machen. Trotzdem entbindet dies uns Muslime nicht von der Rechenschaft, die wir auch in dieser Sache vor Gott, dem Allmächtigen, ablegen müssen.

 

Weil Massenkundgebungen in der aktuellen Situation ausbleiben, ist zu vermuten, dass die Emotionen in diesem Falle nüchterner sind. Dies gibt uns eine gute Gelegenheit, über eine andere grundlegende Frage nachzudenken. Wird durch Massendemonstrationen und –kundgebungen der oben erwähnte Hadith richtig umgesetzt? Anders formuliert: sind solche Proteste in ihrer aktuellen Form im islamischen Geist bzw. können sie aus der islamischen Tradition abgeleitet werden? Sind sie überhaupt sinnvoll und zielführend? Zeitgenössischen Muslimen scheint es selbstverständlich, Demonstrationen und Massenkund­gebungen für „die Sache der Muslime“ einzusetzen. Fast täglich gehen Bilder von aufgebrachten, demonstrierenden Muslimen um die Welt und die Zeitungen titeln mit „Muslim-„ oder „Islam-Proteste“. Selbst das rituelle Gebet wird als Instrument des Protestes uminterpretiert, wie der Protest der Muslime vor dem Bundeshaus in Bern als Reaktion auf die Mohammed-Karikaturen zeigt.

 

Historisch kann der Zeitpunkt des Aufkommens von Massenprotesten schwer festgehalten werden, da diese meist aus sozialen Bewegungen entstanden und diese Bewegungen (bzw. Elemente davon) eine lange Geschichte haben. Doch Massenkundgebungen in ihrer heutigen Ausprägung sind ein Produkt des 19. und 20. Jahrhunderts: sie sind aus Arbeiterbewegungen entstanden, von kommunis-tisch-sozialistischen Bewegungen als politische Mittel etabliert und von zahlreichen revolutionären Gruppen für ihre Ziele eingesetzt worden. Anhänger der unterschiedlichsten ideologischen Systeme und politischen Interessen haben auf Demonstrationen und Massenkundgebungen gesetzt: Proletarierbewegungen, Kommunisten, Faschisten, Nationalisten, Jugendbewegung der 60er, Umweltaktivisten, Homosexuellen- sowie Frauenbewegungen usw. Heutzutage zählt wahrscheinlich ausnahmslos jede „aktive“ Gruppe Massenproteste zu ihrem Repertoire. So verschieden diese Gruppen und ihre Ziele auch sind, ihnen ist gemeinsam, dass es sich um Gruppen handelte, die sich gegen eine etablierte Schicht oder Sicht auflehnten und vor allem – und das ist für unsere Abhandlung hier wichtig – ging es immer nur um rein weltliche Anliegen. Nun hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert die Massenkundgebung ihren Weg auch in die islamische Welt gefunden und mit der „islamischen“ Revolution im Iran ein weltbekanntes Beispiel gesetzt.

 

Wir vermuten, dass der Umstand, dass auch die Muslime diesen Weg des Protestierens gewählt haben, unter anderem darin begründet sein könnte, dass sie glauben dieser wäre erfolgreich. Doch weltlicher Erfolg ist ja nur ein Teil der Geschichte - das Jenseits aber ist besser und jedenfalls länger während. Überdies muss man bedenken, dass es in den allermeisten Fällen nicht die emotional aufgebrachten Kundgebungen waren, welche einer bestimmten Gruppe die Durchsetzung ihrer Anliegen und Interessen ermöglichte, sondern die kontinuierliche Arbeit im Hintergrund und kluge Politik. Die Presse mag zwar den Fokus der Berichterstattung auf die Proteste der Strasse legen, doch darf dies nicht darüber hinweg täuschen, dass diese meistens nicht mehr als der letzte Tropfen waren, welche das Fass zum Überlaufen brachten.

Ohne die Anstrengung erfordernde  - im Gegensatz zum einfachen auf die Strasse gehen – und langwierige Arbeit vorher haben solche Aktionen keine oder oft gar eine negative Wirkung. Das daran etwas Wahres ist, erkennt man, wenn man einmal den Blick auf eine bestimmte, kleine „Minderheitengruppe“ richtet - und vielleicht von ihr lernt -, welche ihre Interessen und Anliegen weltweit am erfolgreichsten von all diesen Gruppen durchsetzt. Von Massenkundgebungen und Demonstrationen dieser Gruppe hören wir aber nie etwas.

 

Aus islamischer Sicht sind sich solche Kundgebungen fragwürdig, weil sie meist unüberlegte und hastige Aktionen sind, vor denen der Prophet gewarnt hat: „Hast ist vom Teufel“. Die Handlungen sind meistens getrieben durch innere Aufwallung anstatt Weisheit. Ausserdem wird ein Ziel umso weniger erreicht, je mehr emotional aufgeregt jemand an der Sache beteiligt ist, bzw. beschwört solches noch grösseres Übel herauf. Zu erwähnen ist auch die geballte Ladung Wut, Verbitterung, gepaart mit Hass, die solchen Menschenmengen ihre Dynamik gibt. Diese gänzlich persönlichen Gefühle kommen selbstverständlich von unserem nafs. Und wie sollen wir Muslime mit unserem nafs umgehen? Bändigen, zähmen, disziplinieren oder einfach ausleben, heraus lassen (hemmungslos nach dem Motto „einmal so richtig die Sau herauslassen“)? Wo ist hier die Anstrengung (Jihad al akbar), welche von einem Muslim gefordert wird? Gewiss wird jede an solchen Aktionen beteiligte Person behaupten, ihre Entrüstung bestehe aufgrund des geschehenen Unrechts, schlussendlich also um Allahs (s.t.) Willen. Selbst wenn ihre Wut verständlich ist, müssen sich solche aufgebrachten Leute fragen, ob sie tatsächlich um Allahs (s.t.) oder um ihres eigenen Willens wegen handeln?

 

Selbsttäuschung in Bezug auf seine wahren Motive ist eine menschliche Eigenschaft und fast unvermeidlich. Und genau deshalb verlangt der Iman (verinnerlichter Glaube) von uns eine mächtige Anstrengung (Jihad al akbar), unsere Motive und Absichten zu reinigen. Das könnte zwar manchmal dazu führen, dass wir nicht handeln, wenn es nötig wäre, doch wird es uns von vielen törichten oder gar boshaften Handlungen bewahren. Wir sollten nie unser Selbstinteresse mit noblen, religiösen Motiven überdecken. Ein anderes Mittel, welches uns unser Glaube für solche Situationen gibt, ist Sabr (Geduld). Diese, im Qur´an immer wiederkehrende islamische Tugend scheint für viele „zeitgemäße“ Muslime ein Fremdwort zu sein. Oben erwähnte Bilder aus der islamischen Welt oder von im Westen lebender Muslime geben zum Nachdenken: ein tobender Mob, zornige Gesichter, laut erhobene Stimmen, welche irgendwelche Slogans schreien, ganz zu schweigen von brennenden Gegenständen. Man fragt sich dabei, ob solche Szenen wirklich eine religiöse Manifestation sind bzw. islamische Frömmigkeit darstellen? „Wut verbrennt gute Taten, wie Feuer trockenes Holz verbrennt“ hat unser Prophet einmal gesagt. Ein Muslim ist sich immer vollkommen bewusst über die Kürze dieses Lebens, über das Göttliche Urteil, dem niemand entgehen kann und besonders bewusst der überwältigenden Präsenz Allahs (s.t.). Ob sich solches Empfinden und Bewusstsein auch in diesen aufgeregten Menschenmengen findet?*

 

Dieser Artikel beabsichtigt nicht, Massendemonstrationen ihre Legitimität aus islamischer Sicht abzuerkennen. Dafür ist einerseits unser religiöses Wissen zu gering und andererseits haben wir für die Betrachtung und Reflexion dieser Frage zu wenig Zeit aufgewendet, als dass wir abschliessend zu solch einem Urteil gelangen könnten. Es ist gewiss auch kein Plädoyer für eine passive Haltung gegenüber Ungerechtigkeiten in der Welt. Die Absicht war nur, einige Reflexionen anzustellen und die muslimische Gemeinschaft anzuregen, nicht einfach blind irgendwelchen modernen Phänomenen nachzueifern, sondern solche Fragen aus islamischer Perspektive zu beleuchten, ihrer Sinnhaftigkeit zu hinterfragen und ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

 

Die Brüder Kitabi

Fragen und Anregungen an simsalabim66@hotmail.com

*Charles le Gai Eatons „Remembering God. Reflexions on Islam“ gab für diesen Abschnitt einige inspirierende Argumente

 

 

Die Diskussion über den Artikel und dessen Inhalt ist im Forum eröffnet.

 

Mit besten Grüssen        M.HANEL – VP GSIW