Guten Tag,
Mein Name ist Claudia Keller, ich
bin 18 Jahre alt und gehe in die Kantonsschule Wil.
Im Fach Geschichte nimmt meine
Klasse am Menschenrechtsforum in Luzern (ihrf) teil. Das Thema in diesem Jahr
lautet „Menschenrechte und Religion“. Zur Vorbereitung soll ich nun eine Arbeit
zu diesem Thema verfassen. Diese dient auch der Vorbereitung der Maturaarbeit.
Ich schreibe meine Arbeit über die Minarettinitiative.
Da Sie in diesem Thema
Experte/Expertin sind, würde ich gerne ein paar Fragen an Sie richten.
Für die Beantwortung der Fragen
und eine baldige Antwort danke ich schon im Voraus.
Freundliche
Grüsse
Claudia
Keller
----- Original Message
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From: Claudia Keller
To:
Sent: Wednesday, April 08, 2009 5:44
PM
Subject: interview zur minarett-initiative
ANTWORT von HANEL/GSIW in GRÜNER FARBE
1. Wie wichtig ist für Sie ein Minarett für die Moschee?
Ein
Minarett ist für uns als schönes, bauliches Identitätsmerkmal unseres gelebten
Glaubens wichtig.
Finden Sie, dass eine Moschee zwingend ein Minarett haben muss?
Nein.
2. Stimmt es, dass das Minarett (reines) ein Machtsymbol ist?
Natürlich
stimmt dies nicht!
.
Und keinen religiösen Charakter hat? (Es wird weder im
Koran noch in andern heiligen Schriften des Islam auch nur erwähnt.)[1]
Vielmehr ist richtig: Das Minarett wird in der Sunna, den
Ahadith (was Sie als heilige Schriften bezeichnen) erwähnt.
3.
Was denken Sie, wieso haben manche „Angst“ vor Minaretten?
Weil
es die Sichtbarwerdung der legitimen Ankunft des Islams in Europa ausdrückt.
Was könnte man dagegen tun?
Diese
Legitimität von sowohl muslimischer, wie auch einheimischer Sicht
vollumfänglich bestärken.
4. Fühlen Sie sich durch die Initiative persönlich angegriffen
oder missverstanden?
Natürlich.
5. Was sind für Sie Argumente für den Bau?
Dass
es nach geltender Rechtslage dafür keinerlei Argumente bedarf – abgesehen von
baurechtlichen Argumentationen.
6. Könnten Sie sich Kompromisse vorstellen?
Gibt
es einen Kompromiss zwischen "Gesetze einhalten" und "gegen
Gesetze verstoßen?"
Wenn ja, was für Kompromisse?
Siehe
oben.
7. In Artikel 18[2][2] der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte steht, dass man seinen Glauben frei wählen und ausüben darf. Ist
ein Minarett erforderlich um den Islam auszuleben?
Siehe
Antwort zu Frage 1. Wenn Religionsfreiheit bedeutet, die entsprechenden
Ausdrucksformen dafür selbst wählen zu dürfen, dann ist das Minarett integraler
Bestandteil der freien Religionsausübung.
8. Manche haben Angst, dass das Minarett „nur der Anfang“ ist:
„Wer nun
glaubt, die Moslems seien damit zufrieden gestellt, täuscht sich.“[3][3]
Was meinen Sie diesbezüglich?
Was ist mit "ist nur der Anfang"
gemeint?
Zitat: |
Sehr geehrter Herr Hanel |
Sehr geehrte Frau H.
Danke für Ihre rasche und umfassend informative Antwort.
Möchte Ihnen als Vizepräsident von GSIW Gesellschaft
Schweiz - Islamische Welt ( www.gsiw.ch )
doch noch auch einiges sagen.
Werde Ihre Zeitschrift natürlich aufmerksam lesen und in
unserem Newsletter darauf hinweisen.
Die Initiative kann natürlich angenommen werden - (nach
meiner Einschätzung wird sie knapp nicht angenommen werden. Ich habe dies im
GSIW Sondernewsletter begründet. Sie wird nicht deshalb abgelehnt, weil die
Schweizer so sehr den Islam und seine baulichen Identitätsmerkmale zu
verteidigen bereit sind (siehe Ihre entsprechenden Anmerkungen unten, so
bedauerlich die Ursachen dafür sind), sondern weil diese Initiative ein
direkter Angriff auf die Schweizerische Rechtsstaatlichkeit darstellt und die
Annahme zu tatsächlichen weiteren juristischen und exekutiven,
"vorerst" schier unüberwindbaren Hürden führt - und DAS wird
letztlich den Ausschlag für die ws. Ablehnung geben.)
Ich kann Ihnen nur sagen, dass in unseren Reihen es
keinerlei Uneinigkeit darüber gibt, dass TERRORISMUS keinesfalls Bestandteil
des ISLAMs ist.
Verweise in diesem Zusammenhang auf meine entsprechenden
Veröffentlichungen und Übersetzungen.
Shaykh Muhammad Afifi al-Akiti - Fatwa gegen Angriffe auf
Zivilisten "orthodoxer sunnitischer Standpunkt" - Amal Press 2005;
Uebersetzung 8/2006: M.M. Hanel
http://www.islamheute.ch/Afifi.pdf
DAS NEUE GESETZ FÜR EINE WELT DES GLAUBENS, FREIHEIT,
WOHLSTAND UND FRIEDEN; IMAM SHIRAZI:
Übersetzung M.M. Hanel
www.islamheute.ch/Krieg.htm
ISLAM und die Frage der GEWALT Seyyed Hossein Nasr; Al
Sirat Vol. XIII, No. 2;
Übersetzung: M.M. Hanel
http://www.islamheute.ch/Gewaltfrage.htm
FIQH COUNCIL RECHTSGUTACHTEN - Fatwa gegen Terrorismus
und Religiösen Extremismus Muslimischer Standpunkt und muslimische
Verantwortungen; September 2005.
Übersetzung M.M.Hanel
http://www.islamheute.ch/Isna.htm
Dazu noch zwei Anmerkungen:
Diese Veröffentlichungen werden einfach kaum wahrgenommen
(im wahrsten Sinne dieses Wortes).
In der breiten Öffentlichkeit, abhängig von offizieller
political "correctness" ist der Begriff nicht stets sauber definiert
und wird - ganz im Sinne nicht nur medialer Kriegsführung - sehr beliebig
verwendet.
War denn der IRAK-KRIEG kein definitver terroristischer
Akt, aufgebaut auf lügenhaften, falschen Beschuldigungen, ohne juristische
Legitimität in der Hauptsache gegen die Zivilbevölkerung geführt, mit Verlusten
und Schäden, die in Wahrheit kaum beziffert werden können?
Zu Ihrer zweiten Frage.
Es werden schon die bisherigen Distanzierungen der
Muslime zu Terrorismus "nicht" wahrgenommen - es gibt also in der
nichtmuslimischen Öffentlichkeit kaum Bereitschaft zur Akzeptanz dieser Selbstverständlichkeit
(die allerdings, dies ist zuzugestehen - vor allem in ausländischen
Krisengebieten aufgrund komplexer Umstände weniger selbstverständlich
erscheint) - was eigentlich und vor allem unerklärlich für die Schweiz ist, die
doch wirklich nicht über die Performance der Muslime im Lande klagen dürfte.
Eine nun verstärkte Betonung dieser
Selbstverständlichkeit, als Muslime NICHTS mit Terrorismus zu tun zu haben,
kann im Vorfeld dieser Initiative durchaus kontraproduktiv wirken; aber jeder
muslimische Verein wird seinen Standpunkt zu dieser Frage selbst zu bestimmen
haben; doch scheint sich die Ansicht, als muslimische Vereinigungen im Vorfeld
dieser Initiative NICHT verstärkt in der Öffentlichkeit aufzutreten,
durchzusetzen.
In der Hoffnung, Ihre Frage genügend beantwortend zu
haben,
verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Muhammad M. Hanel
Vizepräsident GSIW
_________________
Lieber Herr Hanel
Sie findet nachfolgend die Passage, in der ich Sie und Herrn Sütlü zitiere:
(...)
Die islamischen Verbände in der Schweiz betonen immer wieder, dass der Islam
nichts mit Terrorismus zu tun hat, und die Mehrheit der hiesigen Muslime aus
Europa stammt und nicht aus den Ländern, in
denen terroristische Gruppen wie Al-Quaida besonders aktiv sind. Doch braucht
es – gerade im Vorfeld der Abstimmung – nicht ein klareres Bekenntnis gegen
fundamentalistische Aktionen? Oder eben gerade nicht?
„Nein,“ findet Muhammad M. Hanel,
Vizepräsident der Gesellschaft Schweiz Islamische Welt. „Die muslimischen Verbände haben wiederholt betont, dass sie nichts mit
dem fundamentalistischen Gedankengut zu tun haben. Aber das wird hier gar nicht
wahrgenommen.“ Es bestehe auf Seiten der Nicht-Muslime keine Bereitschaft,
diese Distanzierung, die für die hiesigen Muslime eine Selbstverständlichkeit
sei, zu akzeptieren. „Ich verstehe nicht,
warum wir uns überhaupt öffentlich bekennen müssen. Die Schweiz kann sich nun
wirklich nicht beklagen über das Verhalten der Muslime hierzulande.“ Eine
nun verstärkte Betonung dieser Selbstverständlichkeit, als Muslime nichts
mit Terrorismus zu tun zu haben, könne im Vorfeld dieser Initiative sogar
kontraproduktiv wirken.
„Nein“, findet auch Halil Sütlü, Vorstandsmitglied der Gemeinschaft von
Christen und Muslimen in der Schweiz. „Wer sich öffentlich von etwas
distanziert, billigt dem Gegenüber das Recht zu, ihn zu verdächtigen. Das lehne
ich entschieden ab. Die Initianten stigmatisieren öffentlich und in gemeiner
Weise Mitmenschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit und wollen den
religiösen Frieden in unserem Land stören.“
Bitte teilen Sie mir doch bis spätestens Freitag Änderungen und Ergänzungen mit.
Freundliche Grüsse
A. H.
Sehr geehrte Frau Anouk Holthuizen
Verzeihen Sie: Ich bin nicht wirklich glücklich über Ihre Formulierungen, denn Sie legen mir innerhalb der Anführungszeichen Worte in den Mund, die ich nicht gesagt und auch nicht geschrieben habe. (Das ist ja nun wirklich leicht nachzuprüfen ... siehe oben mein Original).
Auch verstehe ich nicht ganz, warum Sie - wenn Sie mich schon namentlich erwähnen, nicht auch schreiben, dass meine Worte nicht nur als VP der GSIW geschrieben wurden, sondern auch die Meinung der VIOZ ist (die Sie ja auch angesprochen haben) und in deren Namen ich Ihnen ja auch geantwortet habe?
Von "fundamentalistischem Gedankengut" war NIE die Rede - wobei allerdings Ihre Interpretation: "Eine nun verstärkte Betonung dieser Selbstverständlichkeit, als Muslime nichts mit Terrorismus zu tun zu haben, könne im Vorfeld dieser Initiative sogar kontraproduktiv wirken." vielmehr dem entspricht, was ich geschrieben und gemeint habe.
Auch habe ich nie gesagt: „Ich verstehe nicht, warum wir uns überhaupt öffentlich bekennen müssen ..." und Sie legen mir diese Worte durch "Apostrophe" in den Mund.
Ich muss Ihnen daher mitteilen, dass ich für eine Zustimmung zur Veröffentlichung unten angeführte Änderungen moniere. Ich denke und hoffe, Sie können dies nachvollziehen
Redigiere also Ihren Beitrag in dem Sinne, damit eine Zustimmung zur Veröffentlichung möglich wird.
Bitte teilen Sie mir Ihre Einstellung dazu mit.
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Nein,“ findet
Muhammad M. Hanel, Vizepräsident der Gesellschaft Schweiz Islamische Welt, der hier auch für VIOZ, die Vereinigung
Islamischer Organisationen in Zürich spricht: „Die muslimischen
Verbände haben wiederholt betont, dass sie nichts mit extremistischem,
terroristischem Gedankengut zu tun haben. Aber das wird hier kaum wahrgenommen.“ Es bestehe auf Seiten der
Nicht-Muslime fast keine Bereitschaft, diese
Distanzierung, die für die hiesigen Muslime eine Selbstverständlichkeit sei, zu
akzeptieren. Die Verweigerung dieser Akzeptanz sei nur
unbefriedigend zu erklären. "Die Schweiz kann sich nun wirklich
nicht beklagen über das Verhalten der Muslime hierzulande.“ Eine jetzt verstärkte
Betonung dieser Selbstverständlichkeit, als Muslime nichts mit
Terrorismus zu tun zu haben, könne im Vorfeld dieser Initiative sogar
kontraproduktiv wirken.
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Nun – ich habe keine
Mitteilung zur Einstellung mehr gehört.
Hier ist, was es
letztlich ohne meine weitere Zustimmung wurde.
Anzumerken ist – dass ich
ja tatsächlich nach Rück- und in Absprache mit Dr. Hasan HATIPOGLU, dem
Präsidenten von VIOZ auch „für VIOZ“
(die ja ursprünglich angesprochen worden war) diese Stellungnahme abgab.
Und ich weiß nicht,
WARUM man partout nicht veröffentlichen wollte, dass meine obige Formulierungen
(die ich ja als „online Sekretär der VIOZ“ entgegengenommen hatte) von VIOZ
vollumfänglich mitgetragen wird … Tja – auch die „reformierte Presse“ hat ihre
eigenen Regeln – und nach gemeinsam besuchten Medienseminar an der zhaw (Züricher Hochschule für Angewandte
Wissenschaften), verstehe ich diese etwas besser.
Zwar betonen
die muslimischen Verbände in der Schweiz immer wieder, dass der Islam nichts
mit Terrorismus und archaischen Riten wie Zwangsehen oder Ehrenmorden zu tun
habe. Doch brauchte es – gerade im Vorfeld der Abstimmung – nicht ein klareres
Bekenntnis gegen die dem Islam zugeschriebenen fundamentalistischen Aktionen?
«Nein», findet Muhammad M. Hanel, Vizepräsident der «Gesellschaft Schweiz – Islamische
Welt» und Mitglied der «Vereinigung Islamischer Organisationen» in Zürich:
«Die muslimischen Verbände haben wiederholt betont, dass sie nichts mit
extremistischem Gedankengut zu tun haben. Aber das wird hier kaum
wahrgenommen.» Es bestehe aufseiten der Nichtmuslime wenig Bereitschaft, diese
Distanzierung, die für die hiesigen Muslime eine Selbstverständlichkeit sei, zu
akzeptieren. «Die Verweigerung dieser Akzeptanz ist für die muslimischen
Verbände sehr frustrierend, denn die Schweiz kann sich nun wirklich nicht
beklagen über das Verhalten der Muslime hierzulande.» Eine jetzt verstärkte
Betonung dieser Selbstverständlichkeit, als Muslime nichts mit Terrorismus zu
tun zu haben, könne im Vorfeld der Initiative sogar kontraproduktiv wirken.
[1] folg. der Internetseite des
Initiativkomitees: http://www.minarette.ch/index.php?id=33
[2] Artikel
18
Jeder
hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht
schliesst die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie
die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft
mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und
Kulthandlungen zu bekennen.
[3][3] aus einem Leserbrief von Otto Wüst,
erschienen im St. Galler Tagblatt, 05.11.08