Tagung zum Thema «Das Gespräch geht weiter -
Herausforderung Islam»
in Rorschach am 13.
Juni 2010 an der Pädagogischen Hochschule Mariaberg
in Rorschach.
Referate und
Workshops zu den Themen Religionsfreiheit als Verfassungsbestimmung /
Kulturelle Identität im Migrationszeitalter / Als Muslim in Europa / Stellung
der Frau in Islam und Christentum / Interkulturelles Zusammenleben im Alltag.
ReferentInnen/Mitwirkung in den Workshops:
Prof. Dr. Andreas
Kley, Verfassungsrechtler;
Prof. Dr. Werner
Kramer, Ehrenpräsident Gesellschaft Minderheiten Schweiz;
Rifa'at Lenzin,
Islamwissenschaftlerin;
Magister Amir Zaidan, Islamologe;
Sr. Ingrid Grave,
Dominikanerin;
Reinhild Traitler, Europ. Projekt
Interreligiöses Lernen (war leider verhindert);
Dilek Ucak-Ekinci,
Islamwissenschaftlerin;
Dr. Hisham Maizar, Präsident DIGO;
Nexhla Medii,
Kauffrau;
Beat Stauffer,
Journalist BR;
Maurizio Maggetti, Projekt Interreligiöser Dialog Kt. SG;
Mahir Mustafa und
Dr. Martina Schäfer, beide Stiftung Kinderdorf Pestalozzi.
Tagungsleitung: Arne Engeli.
Veranstalter: Amnesty International, Dachverband Islam. Gemeinden Ostschweiz+FL / DIGO, Forum sosos,
Schweiz. Friedensrat.
Kritik der Veranstaltung von Muhammad
HANEL,
VP GSIW (Gesellschaft Schweiz – Islamische Welt)
Bilder zur Veranstaltung -
bitte HIER klicken
Um es gleich vorweg
zu nehmen. Eine gelungene, weil engagierte, offene Veranstaltung mit rundum
kompetenten Referenten und ca. 130 Beteiligten – etwa die Hälfte davon Muslime,
von welchen die meisten von ihnen dem schönen Geschlecht angehörten.
Sollte ich bei
dieser Nachführung etwas vergessen haben, was der eine oder andere Teilnehmer
nicht missen möchte, bitte ich um Zuschrift – die dann gerne in diese Arbeit
integriert werden wird, isA.
Als Einführung hörte
man etwas über den Aufbau der arabischen Musik. Eine gelungene Einlage. Wurde
doch darauf hingewiesen, dass man in diesem Kulturkreis nicht nur auf ganze und
Halbtöne, sondern auch auf ¼ und ¾ Töne hinzuhören gewöhnt ist. Eine
Fertigkeit, welche den Muslimen durchaus auch den allgemeinen Gesprächston um
einiges nuancierter, als man hierzulande es tut und erwartet, zu interpretieren
erlaubt!
Bedeutung der Religionsfreiheit in der
Verfassung
Prof. Dr. Andreas KLEY, Verfassungsrechtler;
Ganz grundsätzlich
bleiben Juristen bei dieser Thematik eher auf Distanz und zurückhaltend.
Hanel: Eine weise Entscheidung, das Spirituelle,
TRANSZENDENTE nur wenn unbedingt erforderlich mit diesseitigen Instrumenten
bearbeiten zu wollen.
Das in Artikel 15 – Glaubens- und
Gewissensfreiheit - der Schweizer Verfassung lapidar formuliert verankerte Grundrecht (wie alle Grundrechte)
will MINDERHEITEN schützen
und verwebt Individualrecht und Gemeinschaftsrecht.
Religionsgeschichte
erzählt die Geschichte der Minderheitenverfolgung.
Artikel 72 – Kirche und
Staat – bringt den Willen des Staates zum Ausdruck, auf kantonaler, also
relativ selbstbestimmender Ebene, die Organisation der Kirchen zu unterstützen.
Weiter bestimmen und
garantieren auch noch internationale Abkommen die gelebte Glaubens- und
Gewissensfreiheit in der Schweiz. Diese Abkommen wurden vor allem als Reaktion
auf den Zweiten Weltkrieg geschlossen. Die Gründung der Europäischen
Menschenrechtskommission ist als Kontrollinstrument gegenüber totalitären (Hanel:
absolutistisch agierenden plebiszitären oder diktatorischen) Kräften
gedacht.
Die Minarettverbotsinitiative widerspricht nicht Schweizer Recht, da die Schweizer Verfassung durchaus das
"lex spezialis"
(spezielles Ausnahmerecht, z.B. Geschlechtergleichbehandlung und dennoch müssen
Frauen nicht zum Militär) in einzelnen Fällen zulässt. Allerdings verstößt die Minarettverbotsinitiative gegen allgemeines Völkerrecht (Hanel:
siehe auch Felix Müller "Streit
um das Minarett", ein hervorragendes Buch! (Seite 80) und http://www.iphpbb.com/board/ftopic-43715060nx17898-33-120.html#924
)
Möglichkeiten für
die Schweiz:
·
Rückzug
·
Leerlauf
·
Umstoßen des Volksentscheids
Auch wenn diese
Initiative nicht das Schweizer RECHT als solches beschädigt hat, wurde das
Rechts inhaltlich beschädigt.
TRIALOG
zwischen Rifa'at LENZIN – Amir ZAIDAN und dem
Moderator Beat STAUFFER
Gedächtnisprotokoll
BS: Wie gehen Sie mit der Antiminarettinitiative
in den Gemeinschaften um?
RL: Wenn man nicht trennt zwischen Vorkommnissen im
Ausland, zwischen der performance ausländischer
Staaten (seien sie muslimische oder nicht) und dem Betragen der Muslime in der
Schweiz – muss man sich fragen, WIE Muslime in der Schweiz eine positive schweizer Identität entwickeln sollen?
AZ: Ich komme aus einer Stadt in der Nähe von Damaskus,
wo man noch Aramäisch, die Sprache Jesu spricht. Bei uns läuten Kirchenglocken,
ertönt der muslimische Gebetsruf, Kirchen sind zu Weihnachten festlich
beleuchtet, usw. Wenn man immer nur negative Ereignisse in der muslimischen
Welt herausgreift und die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf diese fokussiert –
dann ist das nicht als faire Anschauung und Herangehensweise zu bezeichnen und
wird als solche wahrgenommen.
BS: Warum sollten uns die Beschränkungen der
Freiheiten in anderen Ländern (z.B. Pakistan) hier nicht beschäftigen? Die Verfolgung der Ahmadiya
oder die Ablehnung des Atheismus oder der Christen z.B.?
RL: Um eine rechte Einschätzung der Wirklichkeiten
vorzunehmen, muss die Komplexität und Vielschichtigkeit der Verhältnisse
verstanden werden. Im Islam herrscht grundsätzlich "kein Zwang zur
Religion". Christen sind rechtlich anerkannt. Wer weiß denn, wer die
Angriffe gegen die Ahmadiya ausgeführt hat? Ich sage
nicht, es gibt keine Probleme in diesen Ländern, aber die politischen
Verhältnisse sind einfach zu kompliziert und es IST eine unzulässige
Kausalverkürzung die Missstände einfach auf den Islam zurück zu führen.
AZ: Christen und Juden haben im Orient überlebt. Wer
eine halbwegs faire Einschätzung der Wirklichkeit vornehmen möchte, muss das
politische System und die politischen Interessen (Hanel: nicht nur lokalen)
berücksichtigen. Muslime WOLLEN die Probleme lösen – aber es gilt:
"worüber ich nicht verfüge (Hanel: Einfluss und
Gestaltungsmöglichkeiten im Ausland), das kann ich nicht weitergeben oder
bearbeiten."
BS: Syrien mag ja ein positives Beispiel sein, aber
wie ist das um die Freiheit des Religionswechsels bestellt?
Haben Muslime denn das Recht ihre Religion zu
wechseln?
RL: In der Islamischen Republik Pakistan ist dieses
Recht in der Verfassung geben. Das Recht ist leider oft eine Sache und die
Akzeptanz der Menschen eine andere.
AZ: Die Charta
der deutschen Muslime (Hanel: oder die Grundsatzerklärung der VIOZ) alle
Organisationen der Muslime in Deutschland stellen dies unmissverständlich fest.
Sie Herr Staufer
nehmen EIN Gerichtsurteil von irgendwo auf der Welt und sagen: Todesurteil.
Sie haben ein
Problem, die Gesamtschau der Thematik anwenden zu wollen.
Die muslimischen
Gelehrten haben schon in früher Zeit festgestellt, dass die Todesstrafe nicht
für den (neuen) Nichtmuslim anzuwenden ist, sondern eben nur dann, wenn eine Bekriegung des Staates mit der Handlung dieser Person
einhergeht.
Fragen Sie sich:
gibt es heute irgendeine Verfassung eines Staates auf der Welt, welche die
Todesstrafe für den Abfall von der Religion vorsieht? Und zum Fall Saudi
Arabien, Saudi Arabien hat gar kein kodifiziertes Recht …
Religionsfreiheit
ist ein individuelles Recht.
BS: Aber in Marokko darf man nicht sagen, man wäre
Atheist und Konvertiten haben mit Gefängnis zu rechnen.
AZ: In den muslimischen Ländern gibt es doch kommunistische
Parteien. Sind Kommunisten nicht gottlos? In Abu Dhabi, auf Al Jazeera werden doch live Diskussionen mit Abgefallenen
gehalten. Missbräuche dürfen doch nicht nur im Bereich des Religiösen verortet
werden, sondern sind ein Problem des Regimes und durchaus auch anderer
Interessen. Sie müssen den Überblick behalten.
BS: Sind Menschenrechte für den Islam etwas
Importiertes?
RL: In allen höher entwickelten Zivilisationen finden
sie so etwas. Menschenrechte sind sozusagen ein Erbe der Menschheit.
AZ: Die von Prophet Muhammad (a.s.)
verfasste Charta von Medina;
Übersetzung Hanel (alternativer
Text) ist Beleg für diesbezügliche islamische Kompatibilität. Der Gedanke
an sich ist also den Muslimen durchaus nicht fremd. Doch welche Entwicklung hat
diese Idee in der islamischen Welt durchgemacht?
Die Kolonialmächte
haben diese Rechte ja nicht angewandt … daher ist eine Antipathie entstanden,
weil die Idee der Menschenrechte
als Instrument der Kolonialherrschaft angesehen wurde.
BS: Die Muslime gaben eine eigene Menschenrechtskonvention
heraus, mit dem Vorbehalt, dass diese nicht gegen Bestimmungen der Scharia
gerichtet sein dürfe. Was könnte dies denn sein?
RL: z.B. bei der Sexualität oder Vererbung – es gibt
allerdings große diesbezügliche Entwicklungen in der muslimischen Welt. In der
muslimischen Welt gibt es parallele Rechtssysteme (z.B. englisches oder
französisches Recht plus altes islamisches Recht). Die Aufgabe besteht wohl
darin, diese Systeme besser aufeinander abzustimmen. Die Scharia kann nicht
weggedacht werden und das scheint mir auch legitim zu sein.
BS: Sie können doch nicht leugnen, dass es de facto
Probleme mit Menschenrechtsverletzungen in den muslimischen Ländern gibt.
AZ: Sie wollen den Überblick nicht haben, das ist ein Problem.
Menschenrechtsverletzungen sind doch nicht auf muslimische Länder beschränkt …
USA und sonst wo. Schauen wir uns doch die komplexen Umstände an. Die
politischen, sozialen, wirtschaftlichen Bedingungen in den einzelnen Ländern …
und – haben die Menschen in diesen Ländern überhaupt die Möglichkeit gestaltend
in die politischen Verhältnisse ihrer Länder einzugreifen? Und fragen wir mal –
WEN betreffen doch die Menschenrechtsverletzungen in den muslimischen Ländern
in erster Linie? Meist sogar die MUSLIME! Der Staat diskriminiert ALLE
Menschen. Und – wir wollen im Bereich des MACHBAREN diskutieren! Und viel Blut
ist in Europa im Kampf um die Menschenrechte geflossen
BS: Stellen Sie eine Zunahme der Islamophobie
fest?
RL: Leider ja. Das soziale Klima ist härter und kälter
geworden. Die Belästigung, vor allem von Frauen auf der Straße hat zugenommen.
AZ: Ja – und ein Grund ist die Angst vor dem Fremden.
Desinformation und Informationsdefizite sind auf beiden Seiten zu verorten. Die
Politiker nützen dies, um von anderen Problemen abzulenken. Tatsache ist, dass
wir gemeinsame Probleme haben, die wir auch nur gemeinsam zu lösen vermögen.
BS: Was sollten Muslime in diesem Fall tun? Sich
wehren, vermehrt sich an die Polizei wenden?
RL: Ein monitoring wäre gut,
wo diese Vorfälle statistisch erfasst werden (Hanel: HIER
wurde versucht solch ein monitoring zu starten. Mit
leider noch wenig Erfolg – vielleicht kann dieser Link weitergegeben werden …).
Die
Öffentlichkeitsarbeit und die Politik ist in dieser
Angelegenheit schon auch gefragt.
Noch einige Bemerkungen:
·
Vielfalt gibt es im Christentum – warum wird diese
Vielfalt nicht auch den Muslimen zugesprochen und auf EINEN Gesprächspartner
beharrt?
·
Muslime brauchen einfach noch mehr Zeit – um
einander (sie kommen aus zu vielen verschieden geprägten Ländern) und die hiesigen
Verhältnisse besser kennen zu lernen.
·
Die Verantwortung der Medien und aller Beteiligten
sollte nicht unterschätzt werden.
·
Nur gemeinsam können die gemeinsamen Probleme gelöst
werden.
·
Muslime müssen sich noch besser organisieren.
·
Es muss auch klargestellt werden: WER spricht für
WEN?
·
Die allgemeine Transparenz muss erhöht werden.
Vortrag über die kulturelle Identität
im Migrationszeitalter
von Prof. KRAMER
Zusammenfassung:
Die Bereiche des
(runden) Traditionellen,
des vielfältig
"Offenen" und des
(kantig) Normativen
müssen mehr miteinander kommunizieren und von einander
lernen.
Hat doch jeder
Bereich seine natürliche und berechtigte Entstehungsgeschichte, die allerdings
vom Anderen wahrgenommen und gekannt werden sollte.
Das Motto des
Projekts "Zelt-Abrahams":
"Ohne Angst verschieden und doch
gleichberechtigt sein" – scheint einen probaten Ansatz dafür zu liefern.
Workshop
zu: RELIGIONSFREIHEIT, FRAGEN DER ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN ANERKENNUNG
Es gibt positive ("jeder darf
wählen") und negative
("keiner darf gezwungen werden") Religionsfreiheit.
Muslime können nicht
nachvollziehen, dass die Beschränkung der Religionsfreiheit durch die Minarettverbotsinitiative "gegen den (bösen fremdländischen) Islam, aber nicht gegen die (guten einheimischen) Muslime" gemünzt war. Was ist ein
Muslim ohne Islam? Ein Muslim kann nicht getrennt vom Islam gesehen werden,
kann sich selbst nicht von seiner Religion getrennt begreifen.
Andererseits ist es
aber dennoch möglich zwischen (ideal) islamischem
und (menschlich defizitärem) muslimischem
Verhalten zu differenzieren.
Wesentlich zu
beachten ist daher das Spannungsfeld
zwischen Selbstdefinition und Fremddefinition und zwischen dem
jeweiligen Wortverständnis. (z.B. was ist ISLAMISMUS?)
Fragen:
·
Wie soll es weitergehen?
·
Heilt die Zeit die Wunden?
·
Was ist ein kluges Vorgehen?
·
Bedarf der Art 15 nicht genauerer Definition?
·
Gibt es einen Unterschied zwischen der USA und
Europa in dieser Frage?
·
Ist für die Muslime in der Schweiz die öffentlich
rechtliche Anerkennung ein Ziel?
·
Muss eine religiöse Gemeinschaft aufgrund der Anzahl
ihrer Mitglieder öff. rechtl. anerkannt werden?
Die Zeit wird in diesem Fall die Wunden nicht heilen, da das
Abstimmungsergebnis als Aufhänger gebraucht wird, um nicht nur
wahlkampftaktisch gegen die weitere "Islamisierung" Stimmung zu
machen. Die gesellschaftliche Kluft wird
daher größer.
Aber auch eine positive Vision ist denkbar.
Möglicherweise wird durch das nun initiierte Aufeinander eingehen MÜSSEN,
tatsächlich auf eine gemeinsame Aufarbeitung längst fälliger (nur gemeinsam
lösbarer) Aufgaben hin kooperiert und somit ein positives Klima geschaffen,
welches in einigen Jahren die Rücknahme des Entscheides durch eine erneute
Volksabstimmung möglich wird. (Hanel: ein Vision die wir gerne
unterstützen – allerdings steht zu befürchten, dass die auf ein anderes Ziel
hin stimulierte Mehrheit hier nicht mitmachen wird. Auch der abträgliche
Einfluss aus dem Ausland, die funktionierende Kooperation politisch rechter
Kräfte und nicht zuletzt die demographische und soziale Situation der Muslime
sind dieser Vision abträgliche Faktoren.)
Muslime in der
Schweiz stehen voll inhaltlich hinter umfänglicher Religionsfreiheit.
Die Frage der
Menschenrechte ist nicht einfach von erhabenem Platze aus mit erhobenem
Zeigefinger zu dozieren.
Menschenrechte sind
immer einer Interpretation unterworfen und vor allem vor dem Hintergrund eines
präferierten Gesellschaftssystems zu betrachten. Menschenrechte sind – entgegen
der Meinung Einiger, durchaus auch aus den Religionen ableitbar. Auch wenn klar
ist, dass Religionen eher als Heilslehren zu verstehen sind und Menschenrechte
eher Abwehr- und Kontrollmechanismus gegen die Vereinnahmung durch bestimmte
Heilslehren darstellen. Auch die katholische Kirche sprach sich noch bis 1965
gegen die verbindliche Anerkennung der Menschenrechte aus: "Ein Irrtum hat kein Recht".
In der Schweiz ist
die Größe eine Religionsgemeinschaft
ganz klar kein verbindliches Merkmal für
eine öffentlich rechtliche Anerkennung. Die öffentlich rechtliche Anerkennung ist ein politischer Entscheid.
Die Schweiz ist aber
offenbar an eine Wegscheide gelangt und muss sich überlegen, auch anderen religiösen
Gemeinschaften die ö. r. nicht weiter zu versagen.
Die öffentlich rechtliche Anerkennung könnte man einen
politischen Mittelweg zwischen "Freiheit und Kontrolle" nennen.
Einige mögliche
Kriterien für die Anerkennung sind:
·
Kulturelle Bedeutung
·
Größe der Gemeinschaft
·
Historischer Hintergrund (Scheich
Ibrahim der Entdecker Petras, Islamische
Beiträge zur europ. Kultur)
·
Dauer des Wirkens (mind. 20 Jahre)
·
Nachhaltigkeit des sozialen Engagements
·
Art der Vermittlung ihrer wesentlichen Werte
Auch gilt, nicht nur
für Muslime zu überlegen, welche Art der
Anerkennung die für sie geeignete ist.
·
die öffentlich rechtliche Anerkennung
·
die privatrechtliche Anerkennung (siehe "Staat
und Religion in der Schweiz" Seite 3). Weitere Links.
Manche fänden es
gut, wenn von den Muslimen (oder dann auch von allen Religionen) die
Anerkennung der Grundrechte eingefordert würde.
Einerseits
widerspricht dies der Rechtsgleichheit (wenn solches nur von Muslimen
eingefordert wird) oder der Rechtsstaatlichkeit, wenn "Menschenrechte auf
totalitäre Art und Weise aufgezwungen werden". Ausreichende Verbindlichkeit
hat in jedem Fall die geübte Rechtstreue (Hanel: d.h. denken darf man was man will, auch sagen – in gewissem Rahmen,
solange man in der Tat NICHT gegen die staatlichen Gesetze verstößt.)
Also ist DIESE
Vorgangsweise zurzeit rechtlich undenkbar und wird auch von den Staatsrechtlern
im Allgemeinen nicht unterstützt – doch die Idee hat (Hanel: populistische, totalitäte) Zukunft.
Der Artikel 15 braucht aus historischer
Sicht KEINE nähere Definition, um
den Spielraum und Wirkungsbereich nicht zu beschränken und die politische
Flexibilität in der Anwendung zu gewährleisten.
Aus moderner Sicht
ist eine weitere Bevormundung über den Ruf nach weiteren Gesetzen
"in".
Der Unterschied
zwischen Europa besteht darin, dass in den USA
dem Staat die Einmischung in religiöse Angelegenheiten VERBOTEN ist. De facto wirkt
er über das persönliche, mehr oder weniger vorbildliche Auftreten der
politischen Vertreter aber massiv auf die Perzeption von Religion auf die
Bürger ein.
In Europa hat sich der Staat im Prinzip
auf die neutrale Gleichbehandlung aller Religionen verpflichtet.
Für die Schweizer
Muslime – so der Konsens in der Runde – ist die Anerkennung ein mittel- bzw.
langfristiges Ziel. Welcher Art der Anerkennung (öffentlich rechtliche oder
private) die anzustrebende ist, werden die künftigen Entwicklungen weisen.
Der Beitrag der
Muslime dazu ist die transparente Sensibilisierung der eigenen Mitglieder in
vielen Fragen voranzutreiben (Hanel: EIN Versuch ist die
Dokumentation auf dem GSIW-Forum)
Die Anerkennung kann
und will im Prinzip auch von Muslimen in der Schweiz nur über die
Verwirklichung der individuellen Freiheit und des friedlichen Zusammenlebens in
der Schweiz erreicht werden.
BLITZLICHTER
zur Veranstaltung
Workshop:
MUSLIMSEIN in EUROPA
Frage: Gibt es einen europäischen Islam?
Man war sich einig –
ja, es gibt den europäischen Islam.
(Hanel: Einen
"EURO-Islam" gibt es wohl nicht, gleichwohl aber einen "europäischen
Islam". Er zeichnet sich durch die Vielfältigkeit aus, bedingt durch die religiöse
Kultur in den mehr als 100 Herkunftsländern der Muslime in Europa und
selbstverständlich kennzeichnet die europäischen Muslime bereits eine freiere
Herangehensweise, die traditionellen Quellen zu lesen und auch neu zu
interpretieren.)
In der Gruppe wurde
plädiert, bei öffentlichen Auftritten öfter auch andere Muslime einzuladen, als
die bekannten Gesichter, um das bunte Bild des Islam in Europa greifbarer zu
machen.
Frage: Wann ist ein Mensch integriert?
Diese Frage blieb
letztlich unbeantwortet, da die Unterschiede in der Definition von Integration
zu groß waren und es auch die bereits erwähnte Spannung zwischen Fremd- und
Selbstdefinition noch zu bearbeiten und beherrschen gilt.
Workshop:
FRAU im ISLAM und CHRISTENTUM
Die "Bilder"
in den Köpfen (Hanel: um nicht zu sagen "Vorurteile und Misskonzeptionen"
auf beiden Seiten. Siehe HIER
auch eine durchaus provokative, vergleichende Darstellung) prägen dieses
Thema dominant.
Musliminnen
bezeichnen das Tragen des Kopftuches
als Teil ihres persönlichen Entwicklungs-
und Reifeprozesses.
Wichtig ist für alle Teilnehmer, dass diese Bilder – auch in der täglichen
Begegnung – an- und ausgesprochen werden. Musliminnen DARF man ansprechen (Hanel:
und sie beißen nicht, außer, sie werden angegriffen – dann könnte das schon
passieren ;-))
Zu lernen wäre die Akzeptanz, dass Werte nicht (ge)recht oder un(ge)recht sind – sondern VERSCHIEDEN.
Siehe nochmals das
Motto des Projektes "Zelt-Abrahams": "Ohne
Angst verschieden sein"
Workshop:
KLEIDER und LEUTE
Religiöse Symbole – (Hanel:
vor allem fremde) z.B. das Kopftuch sind nicht so gerne in der
religiös neutralen (Hanel: dachte, wir lebten in einer "christlich-jüdisch
geprägten" Kulturlandschaft) nicht so gerne gesehen.
Gemeinsamkeiten mit
der Tracht christlicher Schwestern wurden erörtert à die Freiheit der (Hanel: sittlichen) Kleiderwahl kann
ja wohl doch niemandem abgesprochen werden.
Christliche
Schwestern tragen nicht immer ihre Ordenstracht.
Auch hier wurde die
Wichtigkeit des Gesprächs betont.
(Hanel: Bemerkenswert,
dass auch in dieser Gruppe das "Kopftuch" im Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit stand.)
Workshop:
Interkulturelles ZUSAMMENLEBEN
Jede Verschiedenheit
sollte als Bereicherung erkannt und das Schöne darin gefunden werden.
Es braucht Gespräche
und für offene Gespräche braucht es VERTRAUEN.
Moderation der
Gespräche ist meist sehr zum Nutzen, weil oftmals Emotionen nicht leicht
kontrollierbar sind.
Gespräche sollen vor
allem auf LOKALER Ebene, im Ort geführt werden.
Jugendliche als
Brückenbauer? (Hanel: Siehe den Vortrag: "Muslimische Jugendliche –
Brückenbauer zwischen Herkunft und Zukunft")
2 Beispiele:
Eine Muslimin,
welche beabsichtigt hatte, am Arbeitsplatz das Kopftuch zu tragen, hat
entsprechende "Vorbereitungsarbeit" geleistet und traf auch deshalb
auf keinerlei Widerstände.
Ein junger Muslim überforderte beim Militär
den Vorgesetzten durch sein Gebet – der "ich habe gebetet" als
"ich habe das Bett gemacht" verstanden hatte.
Workshop:
Religionsfreiheit und Anerkennung
"2 Nüsse, wohl knackbar
– doch essen sollen wir sie noch nicht"
1.
Die Religionsfreiheit muss verteidigt werden – doch
das Wort "Freiheit" muss noch näher untersucht werden (Hanel:
dann wohl auch das Wort "Religion").
2.
Anerkennung = Mittelweg = Regelungsabkommen
Weitere Details oben
auf den Seiten 5-6.
Abschließend wurde
aus dem Brief der 138 muslimischen
Gelehrten an Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI gelesen. Lesen Sie hier
die Übersetzung von
Muhammad Hanel (Teilnehmer am workshop).